Mandantenbrief Dezember 2024
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10.12. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.12. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Vorschau auf die Steuertermine Januar 2025:
10.01. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.01. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Dezember 2024
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Dezember ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 27.12.2024.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur wirksamen Bekanntgabe durch Weiterleitung an den Bevollmächtigten
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur Abgrenzung von Leibrente und dauernde Last
- Für Unternehmer: Erweiterung der Buchwertübertragungsmöglichkeiten durch das Bundesverfassungsgericht
- Für Grundstücksunternehmen: Wegfall der erweiterten Gewerbeertragskürzung wegen Oldtimer-Fahrzeugen als Anlage
- Für Erben und Beschenkte: Positive Entscheidung zur steuerlichen Begünstigung von Betriebsvermögen
- Für Immobilieneigentümer: Anschaffungsnahe Herstellungskosten nach einem Brand
- Für Steuerberater: Auch die Klagerücknahme via beSt!
- Für (Stief-)Eltern: Kindergeldanspruch für Stiefkinder
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur wirksamen Bekanntgabe durch Weiterleitung an den Bevollmächtigten
Die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen Vollmachten für steuerliche Angelegenheiten elektronisch an die Finanzbehörden übermittelt werden können, ist für Steuerpflichtige von erheblicher Bedeutung. Insbesondere in Fällen, in denen eine Vollmacht auch für die Entgegennahme von Steuerbescheiden erteilt wurde, stellt sich die Frage, welche formalen Anforderungen erfüllt sein müssen, damit eine solche Vollmacht wirksam ist. Eine spezielle Problematik ergibt sich dabei bei der Grunderwerbsteuer, da hier für jeden Erwerbsvorgang eine eigene Steuernummer vergeben wird. Dies führt zu Unsicherheiten darüber, ob und wie eine einmal erteilte Vollmacht auch für künftige Erwerbsvorgänge gilt.
Der Sachverhalt verdeutlicht, was gemeint ist: Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Juli 2015 eine Vollmacht zur Vertretung in allen steuerlichen Angelegenheiten erteilt. Diese Vollmacht umfasste auch die Entgegennahme von Steuerbescheiden und wurde in der entsprechenden Vollmachtsdatenbank hinterlegt. Im Jahr 2018 erwarb der Kläger ein Grundstück, und das Finanzamt setzte daraufhin die Grunderwerbsteuer fest. Den Steuerbescheid übermittelte das Finanzamt direkt an den Kläger, obwohl die Vollmacht in der Datenbank vermerkt war. Der Kläger leitete den Bescheid erst verspätet an seine Prozessbevollmächtigte weiter, die daraufhin Einspruch einlegte. Sie argumentierte, dass der Bescheid erst mit Zugang bei ihr wirksam bekanntgegeben worden sei, was ansonsten auch tatsächlich der gesetzlichen Regelung entspricht.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unzulässig zurück und begründete dies damit, dass die Vollmacht nur für die im Formular explizit genannten Steuerarten, hier die Einkommensteuer, gegolten habe. Für die Grunderwerbsteuer hätte die entsprechende Steuernummer angegeben werden müssen, was in der vorliegenden Vollmacht nicht der Fall war.
Das Finanzgericht München gab mit Entscheidung vom 15.4.2020 unter dem Aktenzeichen 4 K 3055/19 allerdings der Klage statt und entschied, dass die Vollmacht auch die Grunderwerbsteuer umfasste, sodass der Bescheid nicht direkt an den Kläger hätte zugestellt werden dürfen. In diesem Fall ist die Bekanntgabe und damit einhergehend der Beginn der Einspruchsfrist dann tatsächlich erst mit der Weiterleitung an die Bevollmächtigte erfolgt.
Der Bundesfinanzhof bestätigte in seinem Urteil vom 8.11.2023 unter dem Aktenzeichen II R 19/21 die Entscheidung des erstinstanzlichen Kollegen. Die obersten Finanzrichter führten aus, dass eine Generalvollmacht, wie sie der Kläger erteilt hatte, grundsätzlich für alle Steuerarten gilt, sofern keine Einschränkungen vorgenommen wurden. Die Angabe einer spezifischen Steuernummer im Formular sei daher nicht zwingend erforderlich, um die Wirksamkeit der Vollmacht auch für die Grunderwerbsteuer sicherzustellen. Das Finanzamt hätte den Bescheid somit direkt an die Bevollmächtigte des Klägers zustellen müssen. Da dies nicht geschehen war, begann die Einspruchsfrist erst mit der tatsächlichen Weiterleitung des Bescheids an die Bevollmächtigte zu laufen, sodass der Einspruch rechtzeitig eingegangen ist.
Erfreulicherweise stellte das Gericht weiterhin klar, dass das im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 1.8.2016 empfohlene »Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen« nicht zwingend erforderlich ist. Das Beiblatt dient lediglich der Erfassung spezifischer Steuernummern und beschränkt die Wirkung einer Vollmacht nur dann, wenn der Vollmachtgeber dies ausdrücklich wünscht und entsprechend angibt. Da das Formular grundsätzlich auf die Erteilung einer Generalvollmacht abzielt, erfasst es alle aktuellen und künftigen Steuerarten wie Steuernummern, es sei denn, diese werden ausdrücklich ausgenommen.
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Grunderwerbsteuer zu, für die bei jedem Erwerbsvorgang eine neue Steuernummer vergeben wird. Das Gericht betonte, dass es im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben stünde, wenn eine Generalvollmacht für die Grunderwerbsteuer aufgrund der fehlenden Eintragung einer spezifischen Steuernummer im Beiblatt nicht elektronisch übermittelt werden könnte.
Im Fazit bleibt festzuhalten, dass das Urteil die Wichtigkeit einer klaren und umfassenden Erteilung von Vollmachten im Steuerrecht verdeutlicht und zugleich den Finanzbehörden klare Vorgaben gibt, wie mit solchen Vollmachten umzugehen ist. Es bestätigt, dass die Verwendung des amtlichen Vollmachtsformulars ausreichend ist, um eine Generalvollmacht zu erteilen, ohne dass zusätzliche Dokumente im Rahmen eines übertriebenen Formalismus der Finanzverwaltung erforderlich sind. Damit ist auch für zukünftige Fälle die Wirksamkeit von Generalvollmachten sichergestellt, sofern keine spezifischen Einschränkungen durch den Vollmachtgeber vorgenommen werden.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Abgrenzung von Leibrente und dauernde Last
Die steuerliche Unterscheidung zwischen Leibrente und dauernder Last ist ein komplexes und zugleich überaus praxisrelevantes Thema, das insbesondere bei Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen eine zentrale Rolle spielt.
Die Unterscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung der wiederkehrenden Leistungen, da nur dauernde Lasten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar sind, während Leibrenten lediglich mit ihrem Ertragsanteil steuerlich berücksichtigt werden können. Der Bundesfinanzhof hat sich in seiner Entscheidung vom 15.11.2023 unter dem Aktenzeichen X R 3/21 eingehend mit dieser Abgrenzung befasst.
Zunächst ist zu verstehen, dass eine Leibrente und eine dauernde Last zwar beide wiederkehrende Leistungen darstellen, jedoch unterschiedlichen steuerlichen Regelungen unterliegen. Eine Leibrente ist eine regelmäßige Zahlung, die in Abhängigkeit von der Lebenszeit des Berechtigten erfolgt und deren steuerliche Abziehbarkeit sich lediglich auf den Ertragsanteil beschränkt. Die Höhe des Ertragsanteils wird nach einer Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestimmt, die auf der statistischen Lebenserwartung basiert.
Eine dauernde Last hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur an die Lebenszeit des Berechtigten gekoppelt ist, sondern auch an die wirtschaftlichen Verhältnisse der Vertragsparteien angepasst werden kann. Diese Abänderbarkeit, die im Wesentlichen die Bedürfnisse des Übergebers und die Leistungsfähigkeit des Übernehmers berücksichtigt, macht die dauernde Last zu einer flexibel anpassbaren Verpflichtung. Diese Flexibilität ist der zentrale Punkt, der eine dauernde Last von einer Leibrente unterscheidet und der sie steuerlich attraktiver macht, da sie in vollem Umfang als Sonderausgabe abzugsfähig ist.
Im Streitfall hatte der Kläger im Jahr 2003 den Optikerbetrieb seines Vaters übernommen und sich im Gegenzug verpflichtet, seinem Vater monatlich 5.500 Euro als »dauernde Last« zu zahlen. Der Vertrag sah eine Anpassung der Zahlungen gemäß § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) vor, falls sich die für die Berechnung der monatlichen Leistungen maßgeblichen Verhältnisse wesentlich änderten. Allerdings, und dies ist die Besonderheit im vorliegenden Sachverhalt, wurde eine Anpassung im Falle einer dauernden Pflegebedürftigkeit oder bei Heimunterbringung des Vaters ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Ausschlussklausel hatte zur Folge, dass das Finanzamt die Zahlungen des Klägers bis zur Aufhebung der Klausel im Jahr 2012 nur als Leibrente anerkannte und nur den Ertragsanteil steuerlich berücksichtigte.
Das zentrale Argument des Finanzamts und später auch des Finanzgerichts war, dass die Abänderbarkeit der Zahlungen nur zugunsten des Übernehmers, hier des Klägers, vereinbart worden war, nicht jedoch zugunsten des Übergebers, also des Vaters des Klägers. Dies widerspricht nach Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht dem Grundsatz, dass eine dauernde Last nur dann vorliegt, wenn eine Anpassung der Leistungen sowohl zugunsten des Übernehmers als auch zugunsten des Übergebers möglich ist. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Sichtweise ausdrücklich und stellte klar, dass der vertragliche Ausschluss der Anpassung im Falle einer dauernden Pflegebedürftigkeit oder bei Heimunterbringung dazu führt, dass die Zahlungen als Leibrente zu qualifizieren sind.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes hebt hervor, dass für die Einordnung von Versorgungsleistungen als dauernde Last die substanzielle Abänderbarkeit in beide Richtungen (also sowohl für den Übernehmer als auch für den Übergeber) entscheidend ist. Dabei bedeutet Abänderbarkeit, dass der Vertrag eine Anpassung der Leistungen sowohl nach den Bedürfnissen des Übergebers als auch nach der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt. Dies ist insbesondere dann von entscheidender Bedeutung, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Lebensumstände der Vertragsparteien wesentlich ändern, wie es bei einer dauernden Pflegebedürftigkeit der Fall sein kann.
Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Entscheidungen bereits klargestellt, dass der Ausschluss einer Anpassung wegen Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung die Einordnung der Zahlungen als Leibrente zur Folge hat. In seinem Beschluss vom 15.07.1991 unter dem Aktenzeichen GrS 1/90 hat der Große Senat des Bundesfinanzhofes betont, dass wiederkehrende Leistungen nur dann als dauernde Last zu qualifizieren sind, wenn sie in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe stehen und abänderbar sind. Dies bedeutet, dass eine Anpassung nach den Versorgungsbedürfnissen des Übergebers oder nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Übernehmers unbedingt möglich sein muss. Wenn diese Abänderbarkeit jedoch auf eine Partei beschränkt ist oder für bestimmte Fälle, wie dauernde Pflegebedürftigkeit, ausgeschlossen ist, handelt es sich um eine Leibrente.
Die obersten Finanzrichter der Republik führen daher in ihrem Urteil weiter aus, dass für die Annahme einer dauernden Last zumindest der Mehrbedarf wegen dauernder Pflegebedürftigkeit über einen der drei möglichen Wege der Pflege abgedeckt sein muss. Dies kann durch persönliche Pflege durch den Vermögensübernehmer, durch die Übernahme zusätzlicher Kosten für häusliche Pflege oder durch die Übernahme der Kosten für externe Pflege geschehen. Fehlt eine solche Regelung im Vertrag oder wird die Anpassung der Leistungen im Falle von Pflegebedürftigkeit vollständig ausgeschlossen, wie im vorliegenden Fall, dann kann keine dauernde Last mehr angenommen werden.
Ein weiterer Punkt, den der Bundesfinanzhof betonte, ist, dass es unerheblich ist, ob die Vertragspartner bei Abschluss des Vermögensübergabevertrages tatsächlich mit einem Mehrbedarf aufgrund Pflegebedürftigkeit gerechnet haben. Entscheidend ist allein die objektive Möglichkeit einer solchen Anpassung, die im Vertrag festgelegt sein muss. In dem hier zu beurteilenden Fall fehlte es an einer solchen Möglichkeit, weshalb die Zahlungen nicht als dauernde Last anerkannt werden konnten.
3. Für Unternehmer: Erweiterung der Buchwertübertragungsmöglichkeiten durch das Bundesverfassungsgericht
Die Regelung des § 6 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) spielt eine wichtige gestalterische Rolle bei der Überführung und Übertragung von Wirtschaftsgütern innerhalb des Betriebsvermögens von Steuerpflichtigen. Grundsätzlich ermöglicht diese Norm unter bestimmten Voraussetzungen eine steuerneutrale Buchwertfortführung, wenn Wirtschaftsgüter zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt werden. Dies bedeutet, dass stille Reserven – also die Differenz zwischen dem Buchwert und dem tatsächlichen Marktwert eines Wirtschaftsguts – bei der Übertragung nicht aufgedeckt und somit nicht versteuert werden müssen. Im Endeffekt soll die gesetzliche Regelung verhindern, dass Umstrukturierungen innerhalb eines Unternehmens zu einer unnötigen Steuerbelastung führen, die nicht durch eine tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gedeckt ist.
Insbesondere § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG regelt die steuerliche Behandlung von Übertragungen von Wirtschaftsgütern, die mit einem Wechsel des Rechtsträgers verbunden sind. Satz 3 der Vorschrift sieht vor, dass eine Buchwertfortführung nur in bestimmten, klar definierten Fällen möglich ist, beispielsweise bei Übertragungen zwischen dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers und dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft oder zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers.
Eine Übertragung zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften wird jedoch in der aktuellen Fassung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht ausdrücklich zugelassen. Dies führt dazu, dass solche Übertragungen steuerlich als Veräußerungen behandelt werden müssen, was zur Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven führt.
Ob dieses Ergebnis tatsächlich richtig sein kann, durfte schon in der Vergangenheit bezweifelt werden, weshalb das Bundesverfassungsgericht die Norm einer verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterwerfen hatte. Mit Urteil vom 28.11.2023 haben die obersten Verfassungshüter nun unter dem Aktenzeichen 2 BvL 8/13 dazu Stellung genommen.
Der konkrete Fall, der dem Bundesverfassungsgericht vorlag, betrifft die F1-KG, eine GmbH & Co. KG, die zwei Grundstücke aus ihrem Gesamthandsvermögen an die F2-KG, eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft, übertrug. Dabei setzte die F1-KG die Buchwerte der Grundstücke fort und behandelte die Übertragung als steuerneutral. Das zuständige Finanzamt sah dies jedoch entsprechend dem wortwörtlichen Gesetzestext anders und stellte fest, dass durch die Übertragung die stillen Reserven der Grundstücke aufgedeckt und entsprechend besteuert werden müssten, da § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG eine Buchwertübertragung in diesem Fall nicht (ausdrücklich) vorsehe.
Die F1-KG, welche die Buchwertaufdeckung zu versteuern hatte, legte Einspruch ein und klagte anschließend vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Dieses gab der Klage statt und entschied bereits am 19.7.2012 unter dem Aktenzeichen 13 K 1988/09, dass die Übertragung der Grundstücke in das Gesamthandsvermögen der F2-KG nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führte. Das erstinstanzliche Finanzgericht stützte sich dabei auf einen früheren Beschluss des IV. Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 2010, der entschied, dass eine solche Übertragung aufgrund der Beteiligungsidentität der beiden Gesellschaften steuerneutral bleiben müsse. Der IV. Senat argumentierte bereits seinerzeit, dass bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften, an denen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind, keine tatsächliche Verschiebung stiller Reserven auf andere Steuerpflichtige erfolgt. Daher sei es schlicht sachgerecht, die Übertragung ohne Aufdeckung der stillen Reserven und dem folgend ohne Steuerbelastung durchzuführen.
Das Finanzamt legte gegen die erstinstanzliche Entscheidung jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof in München ein, und der Fall wurde dem I. Senat des Bundesfinanzhofs vorgelegt. Dieser hatte bereits im Jahr 2009 entschieden, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG eine Buchwertübertragung in der vorliegenden Konstellation nicht zulasse. Der I. Senat stellte klar, dass der Gesetzgeber die Personengesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt betrachte und eine Übertragung zwischen solchen Gesellschaften als steuerpflichtigen Vorgang einstufe. Der Bundesfinanzhof sah die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als abschließend an und entschied, dass eine Ausweitung auf die hier strittige Konstellation nur durch eine gesetzliche Änderung, nicht aber durch richterliche Auslegung möglich ist. Weil der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit einer Buchwertübertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften ausgeschlossen habe, könne diese Regelung nicht als planwidrige Lücke verstanden werden, die durch eine Analogie geschlossen werden könnte.
Angesichts der unterschiedlichen Auffassungen legte der Bundesfinanzhof den Fall jedoch mit Beschluss vom 10.4.2013 unter dem Aktenzeichen I R 80/12 dem Bundesverfassungsgericht vor, um zu klären, ob der Ausschluss der Buchwertübertragung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt.
Nur zehn Jahre später ist eine Entscheidung da. Das Bundesverfassungsgericht urteilte am 28.11.2023, dass der Ausschluss der Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Die obersten Verfassungshüter führen insoweit aus, dass der allgemeine Gleichheitssatz erfordert, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 5 EStG eine Regelung geschaffen, die in bestimmten Fällen eine Buchwertfortführung erlaube, beispielsweise bei der Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen. Diese Regelung soll verhindern, dass bei solchen Übertragungen stille Reserven aufgedeckt und besteuert werden müssen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen dadurch nicht erhöht wird.
Die Rotroben des Verfassungsgerichts stellten weiterhin klar, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften, an denen dieselben Personen in identischen Anteilen beteiligt sind, wirtschaftlich und steuerlich im Wesentlichen mit den in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG geregelten Fällen vergleichbar ist. In beiden Fällen bleibt die wirtschaftliche Einheit gewahrt, und es findet keine Verschiebung stiller Reserven auf andere Steuerpflichtige statt. Eine Differenzierung zwischen diesen Fällen ist daher verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Ausschluss der Buchwertübertragung führe zu einer Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit identisch ist, was gegen das Gebot der folgerichtigen Belastungsgleichheit verstößt.
In der Folge dieser Feststellung verpflichtete das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber, eine rückwirkende Neuregelung zu schaffen, die eine gleichmäßige Besteuerung sicherstellt und die Möglichkeit der Buchwertübertragung auch für Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ermöglicht. Diese zu begrüßende Entscheidung, auf die viel zu lange gewartet werden musste, hat weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Umstrukturierungen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber konkret reagiert, worüber wir bestimmt berichten werden.
4. Für Grundstücksunternehmen: Wegfall der erweiterten Gewerbeertragskürzung wegen Oldtimer-Fahrzeugen als Anlage
Die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist eine steuerliche Regelung, die es bestimmten Unternehmen ermöglicht, ihre Gewerbesteuerlast zu reduzieren. Diese Regelung ist besonders relevant für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen.
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zunächst um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Dies wird als einfache Kürzung bezeichnet.
Anstelle dieser einfachen Kürzung kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch genommen werden. Diese erweiterte Kürzung ermöglicht es, den Gewerbeertrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Dies gilt jedoch nur für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern. Dieses Ausschließlichkeitsgebot ist daher eine zentrale Voraussetzung der Vorschrift. Danach darf das Unternehmen nur die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten ausüben. Jede andere Tätigkeit, die nicht ausdrücklich erlaubt ist, kann die erweiterte Kürzung gefährden. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob diese Tätigkeiten entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
Der Zweck dieser erweiterten Kürzung besteht darin, eine doppelte Besteuerung desselben Wirtschaftsguts durch die Grundsteuer und die Gewerbesteuer zu vermeiden. Zudem soll die Regelung sicherstellen, dass Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, nicht benachteiligt werden, wenn sie ausschließlich Grundbesitz verwalten und nutzen.
Eine mit dem Ausschließlichkeitsgebot einhergehende steuerliche Problemstellung in einem Sachverhalt vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg betraf die Frage, ob das bloße Halten von Oldtimerfahrzeugen als Kapitalanlage durch eine GmbH die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt oder nicht.
Im Streitfall handelt es sich um eine GmbH, die eigenes Immobilienvermögen hält und verwaltet. Insoweit hätte die Gesellschaft Anspruch auf die erweiterte Kürzung. Zusätzlich befinden sich im betrieblichen Anlagevermögen allerdings zwei Oldtimer, die als Wertanlage mit Gewinnerzielungsabsicht angeschafft wurden. Diese Oldtimer wurden in den Jahren 2011 und 2012 erworben, jedoch wurden mit ihnen bislang keine Erträge erzielt. In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2016 bis 2020 beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, was zunächst auch seitens des Finanzamtes berücksichtigt wurde.
Später jedoch änderte der Fiskus seine Meinung und versagte die erweiterte Kürzung mit der Begründung, dass das Halten der Oldtimer die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte Ausschließlichkeit nicht mehr erfülle. Die Klägerin argumentierte dagegen, dass die Nutzung von Anlagevermögen keine Tätigkeit darstelle und, solange die Fahrzeuge nicht veräußert würden, keine schädlichen Einkünfte entstünden. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass das Halten der Oldtimer als Wertanlage eine schädliche Tätigkeit darstelle, da es sich um originär gewerbliche Einkünfte handele, die bei Veräußerung erzielt würden.
Leider konnte sich die Gesellschaft mit ihrer Argumentation nicht durchsetzen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied am 28.3.2023 unter dem Aktenzeichen 6 K 878/22, dass die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht gewährt werden kann, wenn eine GmbH neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes auch andere Tätigkeiten ausübt, die nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannt sind.
Das Gericht stellte fest, dass sämtliche nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten grundsätzlich kürzungsschädlich sind, unabhängig davon, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Der Wortlaut des Gesetzes und der Normzweck sprechen dafür, dass auch unentgeltliche Tätigkeiten dem Erfordernis der Ausschließlichkeit unterfallen.
Das erstinstanzliche Gericht führte weiter aus, dass der Gesetzgeber mit der erweiterten Kürzung eine Freistellung von der Gewerbesteuer nur für vermögensverwaltende Grundstücksunternehmen erreichen wollte, um eine rechtsformbedingte Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. Das Halten der Oldtimer zur Kapitalanlage überschreitet den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung und ist daher als potenziell schädlich für die erweiterte Kürzung einzuordnen. Eine Doppelbesteuerung durch die Grundsteuer greift in diesem Fall nicht, da die Oldtimer nicht der Grundsteuer unterliegen.
Das Finanzgericht kam insoweit zu dem Schluss, dass die Klägerin in den Streitjahren eine Tätigkeit ausgeübt hat, die nicht in dem Katalog der unschädlichen Tätigkeiten des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG enthalten ist. Daher ist die erweiterte Kürzung zu versagen. Die Revision wurde allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Erfreulicherweise haben die Kläger auch den Revisionszug bestiegen. Unter dem Aktenzeichen III R 23/23 müssen nun die obersten Richter der Republik klären, ob allein das bloße Halten von Oldtimerfahrzeugen (als Kapitalanlage) kürzungsschädlich im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden wir wieder über die Entscheidung der obersten Finanzrichter berichten.
5. Für Erben und Beschenkte: Positive Entscheidung zur steuerlichen Begünstigung von Betriebsvermögen
Das Thema der steuerlichen Begünstigung von Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist aus Sicht der Erben und Beschenkten mit das wichtigste Thema. Greift eine Begünstigung oder wird sie versagt, kann in zu zahlenden Steuern einen gewaltigen Unterschied machen, wie auch die hier zu besprechende Entscheidung zeigt.
Vereinfacht gesagt, sind die steuerlichen Begünstigungen von Betriebsvermögen geschaffen worden, um die Übertragung von Unternehmensanteilen zu erleichtern und den Fortbestand des Unternehmens nicht zu gefährden. Eine zentrale Rolle spielt dabei der sogenannte 90%-Einstiegstest gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Dieser Test soll sicherstellen, dass nur solches Betriebsvermögen steuerlich begünstigt wird, das nicht überwiegend aus Verwaltungsvermögen besteht. Verwaltungsvermögen umfasst unter anderem Finanzmittel, die nicht unmittelbar für den Geschäftsbetrieb benötigt werden und daher auch nicht begünstigungsfähig sind. Der Streitfall, der hier entschieden wurde, drehte sich um die Anwendung dieses Tests auf ein Handelsunternehmen.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin hatte von ihrem Vater sämtliche Anteile an einer GmbH, einem pharmazeutischen Handelsunternehmen, geschenkt bekommen. Das Finanzamt setzte daraufhin Schenkungsteuer fest und verweigerte die steuerliche Begünstigung nach § 13a ErbStG mit der Begründung, dass der 90%-Einstiegstest nicht bestanden sei. Das Finanzamt argumentierte, dass das Verwaltungsvermögen der GmbH, bestehend aus Finanzmitteln, 90% des gesamten begünstigungsfähigen Vermögens übersteige und somit keine Begünstigung gewährt werden könne. Die Klägerin legte Einspruch ein und beantragte die Regelverschonung für Betriebsvermögen. Der Einspruch wurde jedoch abgelehnt, woraufhin die Klage beim Finanzgericht erhoben wurde.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass der schenkweise Erwerb der GmbH-Anteile als begünstigtes Vermögen zu 85% steuerfrei sei und der 90%-Einstiegstest nicht zur Anwendung komme. Das Finanzgericht begründete dies damit, dass der Hauptzweck des Unternehmens eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei und daher der 90%-Einstiegstest teleologisch reduziert werden müsse. Das Finanzamt folgte dieser Entscheidung jedoch nicht und legte Revision beim Bundesfinanzhof in München ein.
Die obersten Finanzrichter der Republik entschieden im Ergebnis erneut zugunsten der Klägerin. Der Bundesfinanzhof stellte nämlich fest, dass bei Handelsunternehmen, deren begünstigungsfähiges Vermögen aus Finanzmitteln besteht und deren Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit dient, die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln abzuziehen sind. Dies ist aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen geboten und widerspricht nicht dem Ziel des Gesetzgebers, Missbrauch zu verhindern.
Der Bundesfinanzhof führte aus, dass der 90%-Einstiegstest eine mathematische Berechnungsformel darstellt, bei der das Verwaltungsvermögen vor der Schuldenverrechnung und der Kürzung um den Freibetrag zu berücksichtigen ist. Diese wortlautgetreue Anwendung würde jedoch dazu führen, dass Handelsunternehmen mit einem hohen Bestand an Finanzmitteln, die zur Aufrechterhaltung ihrer Geschäftstätigkeit notwendig sind, von der Begünstigung ausgeschlossen würden. Dies widerspricht dem Zweck der Begünstigung von produktivem Vermögen. Daher ist es erforderlich, die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln abzuziehen, um eine verfassungskonforme Auslegung sicherzustellen.
Welche enorme Auswirkung diese erfreuliche Sichtweise hat, wird an den Zahlen des Streifalls deutlich. Im vorliegenden Sachverhalt ergab die Berechnung, dass nach Abzug der Schulden keine steuerschädlichen Finanzmittel vorlagen und somit begünstigtes Vermögen in Höhe von 1.190.000 € gegeben ist. Dieses Vermögen ist zu 85% steuerfrei, was einem Betrag von 1.011.500 € entspricht. Der verbleibende Teil des begünstigten Vermögens übersteigt die Wertgrenze von 150.000 € nach § 13a Abs. 2 Satz 1 ErbStG, sodass sich der Abzugsbetrag um 14.250 € verringert. Der Wert des Erwerbs der Klägerin beträgt somit 42.750 €, zuzüglich der jungen Finanzmittel in Höhe von 60.000 €, was insgesamt 102.750 € ergibt. Nach Abzug des persönlichen Freibetrags für Kinder von 400.000 € verbleibt ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 €, sodass keine Schenkungsteuer festzusetzen ist. Nach dem Willen des Finanzamtes hätte jedoch alles besteuert werden sollen.
Der Bundesfinanzhof entschied somit erfreulicherweise ebenso wie seine erstinstanzlichen Kollegen zugunsten der Klägerin und stellte klar, dass der 90%-Einstiegstest bei Handelsunternehmen unter Berücksichtigung der betrieblich veranlassten Schulden anzuwenden ist, um eine verfassungskonforme und systematische Auslegung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes sicherzustellen. Endlich mal wieder eine positive Entscheidung aus dem Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer.
6. Für Immobilieneigentümer: Anschaffungsnahe Herstellungskosten nach einem Brand
Anschaffungsnahe Herstellungskosten sind ausweislich der gesetzlichen Vorschrift in § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden und ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Diese Aufwendungen erhöhen die Bemessungsgrundlage für die AfA und sind nicht sofort als Werbungskosten abziehbar. Der Begriff umfasst dabei bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Nicht dazu gehören entsprechend der wortwörtlichen Aussage im Gesetz Aufwendungen für Erweiterungen und jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten.
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28.11.2023 unter dem Aktenzeichen 10 K 2184/20 E behandelt die steuerliche Behandlung von Aufwendungen für die Instandsetzung eines Gebäudes nach einem Brandschaden. Die Streitfrage lautete hier, ob diese Aufwendungen wegen des Brandschadens als sofort abzugsfähige Werbungskosten oder als anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu behandeln sind. Wie der Sachverhalt zeigt, ist in der Praxis eine genaue Differenzierung sehr wichtig.
Der Kläger erwarb im September 2015 ein Grundstück mit einer Doppelhaushälfte, die er ab Dezember 2015 vermietete. Im Januar 2016 wurde das Gebäude durch einen Brand erheblich beschädigt. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung die Aufwendungen für die Beseitigung der Brandschäden als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend. Das Finanzamt hingegen behandelte diese Aufwendungen als zur Gänze als anschaffungsnahe Herstellungskosten, da sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes angefallen waren und die 15-Prozent-Grenze der Anschaffungskosten überschritten.
Der Kläger argumentierte, dass die Aufwendungen zur Beseitigung der Brandschäden nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu qualifizieren sind, da der Brand nach der Anschaffung des Gebäudes und durch einen verdeckten Mangel verursacht wurde. Er verwies auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die in bestimmten Fällen eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorsieht, wenn Schäden durch das schuldhafte Handeln Dritter verursacht wurden.
So haben die obersten Richter des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 9.5.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 6/16 klargestellt, dass Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, auch dann nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen sind, wenn die Maßnahmen vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden.
Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 13.3.2018 unter dem Aktenzeichen IX R 41/17 geurteilt, dass unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die lediglich dazu dienen, Schäden zu beseitigen, welche aufgrund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Nutzungsberechtigten entstanden sind, unter den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen. Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer solchen Renovierung »verdeckte«, das heißt dem Steuerpflichtigen im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel, behoben werden.
Das im aktuellen Fall urteilende Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass die Aufwendungen für die unmittelbare Beseitigung der Brandschäden als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Diese Aufwendungen dienten nicht der Durchführung baulicher Maßnahmen, sondern der Beseitigung der durch den Brand entstandenen Schäden. Die übrigen Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen wurden jedoch als anschaffungsnahe Herstellungskosten eingestuft, da sie innerhalb des Dreijahreszeitraums nach der Anschaffung des Gebäudes angefallen waren und die 15-Prozent-Grenze überschritten.
Das Gericht stellte entsprechend er höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, dass die Regelvermutung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch für verdeckte Mängel gilt, die im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes bereits vorhanden waren. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift ist nur in Fällen gerechtfertigt, in denen Schäden nachweislich durch das schuldhafte Handeln Dritter verursacht wurden. Da im vorliegenden Fall die genaue Brandursache unklar blieb und ein verdeckter Mangel nicht ausgeschlossen werden konnte, war die teleologische Reduktion hingegen nicht anwendbar.
Obwohl (zumindest aus unserer Sicht) die Sache recht eindeutig ist, haben die Steuerpflichtigen die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt. Unter dem Aktenzeichen IX B 2/24 muss über die Annahme der Beschwerde entschieden werden, indem die Streifrage bewertet werden muss, ob Aufwendungen für Arbeiten, die nach einem Brandschaden angefallen sind, sofort abzugsfähige Werbungskosten oder anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG darstellen.
7. Für Steuerberater: Auch die Klagerücknahme via beSt!
Im Steuerrecht müssen Schriftsätze und Klagen seit dem 1. Januar 2023 von Steuerberatern zwingend über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) eingereicht werden.
In einem aktuellen Fall hatte eine Klägerin im Jahr 2023, vertreten durch eine Steuerberatungsgesellschaft, eine Klage per Telefax und im Anschluss zusätzlich per Briefpost beim Finanzgericht Münster eingereicht. Die Klage war von einem Steuerberater unterzeichnet worden. Das Gericht stellte fest, dass die Klage in dieser Form nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und somit als unzulässig gilt.
Das Finanzgericht betonte, dass Schriftsätze seit dem 1.1.2023 ausschließlich elektronisch eingereicht werden müssen, wenn ein Steuerberater involviert ist. Diese Anforderung ergibt sich aus § 52d der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die per Telefax und Briefpost übermittelten Dokumente entsprechen nicht diesen Vorschriften und daher gilt die Klage als nicht erhoben. Das Gericht verwies dabei auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23.8.2022, der unter dem Aktenzeichen VIII S 3/22 erging.
Auch die Rücknahme der Klage, die per einfachem Brief erfolgte, wurde als unwirksam beurteilt, da auch diese nicht in der vorgeschriebenen elektronischen Form eingereicht wurde. In einem ähnlichen Fall hatte bereits das Finanzgericht Nürnberg am 3.4.2023 unter dem Aktenzeichen 6 V 1330/22 entschieden, dass solche Formverstöße die Unwirksamkeit der Schriftsätze zur Folge haben.
Das Urteil verdeutlicht die strengen Formvorschriften für Steuerberater in gerichtlichen Verfahren und die Notwendigkeit, diese Vorgaben strikt einzuhalten, um Rechtsverluste zu vermeiden.
8. Für (Stief-)Eltern: Kindergeldanspruch für Stiefkinder
Kann ein Stiefelternteil auch noch nach der Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft weiterhin Anspruch auf Kindergeld für ein Stiefkind haben, wenn dieses wieder in den Haushalt des Stiefelternteils einzieht? Um diese Fragestellung ging es vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg, welches dazu mit Urteil vom 4.4.2023 unter dem Aktenzeichen 13 K 254/23 entschieden hat.
Im konkreten Fall stritten die Parteien darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Kindergeld für das Stiefkind hat. Das Kind war nach der Trennung der Klägerin von ihrer Lebenspartnerin, der leiblichen Mutter des Kindes, zunächst zum Vater gezogen, kehrte jedoch später in den Haushalt der Klägerin zurück. Die Familienkasse lehnte den Antrag der Klägerin auf Kindergeld mit der Begründung ab, dass das Kind nicht mehr als Stiefkind berücksichtigt werden könne, da die Ehe oder Lebenspartnerschaft, die das Stiefkindschaftsverhältnis begründete, aufgelöst worden sei und das Kind zwischenzeitlich nicht im Haushalt der Klägerin verblieben sei.
Die Klägerin argumentierte dagegen, dass das Stiefkindschaftsverhältnis unabhängig vom Bestand der Ehe oder Lebenspartnerschaft fortbestehe. Sie verwies darauf, dass das Stiefkindschaftsverhältnis gemäß § 1590 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) – analog zur Schwägerschaft – auch nach der Auflösung der Ehe oder Lebenspartnerschaft fortdauert. Aus diesem Grund besteht weiterhin ein Kindergeldanspruch.
Das Finanzgericht gab der Klägerin recht und entschied, dass der Anspruch auf Kindergeld für das Stiefkind auch nach der Auflösung der Lebenspartnerschaft der Klägerin besteht, sofern das Kind wieder in den Haushalt des Stiefelternteils aufgenommen wird. Das Gericht führte aus, dass gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch die Kinder des geschiedenen oder verstorbenen Ehegatten bzw. Lebenspartners kindergeldrechtlich berücksichtigt werden können. Die gesetzliche Regelung des § 1590 BGB, wonach die Schwägerschaft auch nach der Auflösung der Ehe fortdauert, wurde vom Gericht als maßgeblich für die Auslegung der steuerlichen Vorschrift herangezogen. Das Gericht betonte, dass das »Stiefkindschaftsverhältnis« nicht erlischt, auch wenn das Kind zwischenzeitlich aus dem Haushalt des Stiefelternteils ausgezogen ist.
Des Weiteren führte das Finanzgericht aus, dass die Regelung in der Dienstanweisung der Familienkasse, die eine Berücksichtigung des Stiefkindes nur bei durchgehendem Verbleib im Haushalt des Stiefelternteils vorsieht, dem Kindeswohl widerspricht. Die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG dient der steuerrechtlichen Freistellung des Familienexistenzminimums und der Förderung der Familie, was auch nach der Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft gelten muss, wenn das Kind erneut in den Haushalt des Stiefelternteils aufgenommen wird.
Abschließend stellten die Richter klar, dass der Klägerin für den Zeitraum November 2022 bis Januar 2023 Kindergeld zusteht.
Das erstinstanzliche Gericht ließ die Revision zum Bundesfinanzhof zu, da die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Stiefkinder nach Auflösung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft weiterhin nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG berücksichtigungsfähig sind, bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist. Soweit aktuell ersichtlich, wurde seitens der Familienkasse der Revisionszug jedoch nicht bestiegen.