Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief ¤rz 2025

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.03. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.03. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne April 2025:

10.04. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.04. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge März 2025

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für März ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.3.2025.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt

Die steu­er­li­che Behand­lung von Kin­der­geld­an­sprü­chen für Kin­der mit Behin­de­rung ist eine kom­ple­xe und häu­fig streit­an­fäl­li­ge Mate­rie, ins­be­son­de­re wenn es um die Fra­ge geht, ob und in wel­chem Umfang eine Behin­de­rung ursäch­lich für die Unfä­hig­keit zum Selbst­un­ter­halt ist.

Im hier ent­schie­de­nen Fall des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 30.1.2024, unter dem Akten­zei­chen III R 42/22, wur­de die­se Fra­ge hin­sicht­lich eines Kin­des erör­tert, das auf­grund einer schwe­ren see­li­schen Behin­de­rung in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus unter­ge­bracht war.

Im kon­kre­ten Fall strit­ten die Mut­ter des Kin­des und die Fami­li­en­kas­se über den Kin­der­geld­an­spruch für den Sohn der Klä­ge­rin, der seit sei­nem 14. Lebens­jahr an einer schwe­ren hebe­phre­nen Schi­zo­phre­nie lei­det. Die­se Erkran­kung äußer­te sich unter ande­rem in expan­siv-aggres­si­vem Ver­hal­ten und führ­te zu zahl­rei­chen psych­ia­tri­schen Behand­lun­gen und schließ­lich zur Unter­brin­gung in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus. Die Fami­li­en­kas­se ver­trat die Auf­fas­sung, dass der Sohn nicht auf­grund sei­ner Behin­de­rung, son­dern wegen der frei­heits­ent­zie­hen­den Maß­nah­me, die durch die von ihm began­ge­nen rechts­wid­ri­gen Taten not­wen­dig wur­de, außer­stan­de war, sich selbst zu unter­hal­ten. Dem­ge­gen­über argu­men­tier­te die Klä­ge­rin, dass die Behin­de­rung ihres Soh­nes die Ursa­che sowohl für sei­ne Unfä­hig­keit zur Selbst­ver­sor­gung als auch für die Unter­brin­gung war.

Der Bun­des­fi­nanz­hof bestä­tig­te das vor­in­stanz­li­che Urteil des Finanz­ge­richts Ham­burg vom 26.10.2022 und wies die Revi­si­on der Fami­li­en­kas­se zurück. In sei­ner Begrün­dung stell­te das obers­te Finanz­ge­richt fest, dass für den Kin­der­geld­an­spruch gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) die erheb­li­che Mit­ur­säch­lich­keit der Behin­de­rung für die feh­len­de Fähig­keit zum Selbst­un­ter­halt aus­rei­chend ist. Die­se Mit­ur­säch­lich­keit ent­fällt nicht zwin­gend, wenn das Kind auf­grund einer Unter­brin­gung in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus kei­ner bedarfs­de­cken­den Erwerbs­tä­tig­keit nach­ge­hen kann. Ent­schei­dend ist eine Gesamt­wür­di­gung der Umstän­de des Ein­zel­falls, die vom Finanz­ge­richt zu tref­fen ist. Im vor­lie­gen­den Fall hat­te das Finanz­ge­richt nach­voll­zieh­bar fest­ge­stellt, dass die psy­chi­sche Erkran­kung des Soh­nes die wesent­li­che Ursa­che sowohl für die began­ge­nen Taten als auch für die dar­aus resul­tie­ren­de Unter­brin­gung war.

Der Bun­des­fi­nanz­hof erläu­ter­te, dass der Frei­heits­ent­zug zwar ein gewich­ti­ges Indiz dar­stellt, jedoch allein nicht aus­reicht, um die Kau­sa­li­tät der Behin­de­rung zu über­la­gern. Beson­ders her­vor­ge­ho­ben wur­de, dass der Sohn auf­grund sei­ner Erkran­kung schuld­un­fä­hig im Sin­ne von § 20 des Straf­ge­setz­buchs war und sei­ne Steue­rungs­fä­hig­keit voll­stän­dig auf­ge­ho­ben war. Die frei­heits­ent­zie­hen­de Maß­nah­me dien­te in die­sem Fall nicht der Ahn­dung eines vor­werf­ba­ren Ver­hal­tens, son­dern war eine Schutz­maß­nah­me, die unmit­tel­bar auf die krank­heits­be­ding­te Gefähr­lich­keit des Kin­des zurück­zu­füh­ren war. In einem sol­chen Kon­text liegt kei­ne über­ho­len­de Kau­sa­li­tät vor, wel­che die Behin­de­rung als Ursa­che für die Unfä­hig­keit zum Selbst­un­ter­halt unbe­acht­lich machen könnte.

Zusam­men­fas­send hat das obers­te Finanz­ge­richt daher ent­ge­gen der Mei­nung der Fami­li­en­kas­se klar­ge­stellt, dass die Unter­brin­gung in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus nach § 63 des Straf­ge­setz­buchs nicht per se die behin­de­rungs­be­ding­te Unfä­hig­keit zum Selbst­un­ter­halt aus­schließt. Ent­schei­dend bleibt stets die erheb­li­che Mit­ur­säch­lich­keit der Behin­de­rung, die im Rah­men einer umfas­sen­den Wür­di­gung aller Ein­zel­fall­um­stän­de zu prü­fen ist.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Wirksame Bekanntgabe trotz Widerruf der Vollmacht!

Die wirk­sa­me Bekannt­ga­be von Ver­wal­tungs­ak­ten ist ein zen­tra­ler Aspekt im Steu­er­recht, da sie den Beginn wich­ti­ger Fris­ten, ins­be­son­de­re der Rechts­be­helfs­fris­ten, mar­kiert und somit erheb­li­che recht­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen kann. Beson­ders kom­plex wird die Situa­ti­on, wenn ein Bevoll­mäch­tig­ter im Spiel ist und des­sen Voll­macht mög­li­cher­wei­se wider­ru­fen wurde.

In einem vom Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­de­nen Fall muss­te geklärt wer­den, ob die Bekannt­ga­be einer Ein­spruchs­ent­schei­dung an einen ehe­ma­li­gen Bevoll­mäch­tig­ten rechts­wirk­sam ist und die Kla­ge­frist in Gang setzt.

Der Fall betraf eine Klä­ge­rin, die gegen Ände­rungs­be­schei­de des Finanz­amts Ein­spruch ein­ge­legt hat­te. Zunächst war eine Steu­er­be­ra­tungs­ge­sell­schaft in der Rechts­form einer Kom­man­dit­ge­sell­schaft als Bevoll­mäch­tig­te tätig. Das Finanz­amt adres­sier­te die Ein­spruchs­ent­schei­dung vom 30.9.2020 an die­se Kom­man­dit­ge­sell­schaft und gab sie am sel­ben Tag zur Post. Am 2.10.2020 infor­mier­te die Kom­man­dit­ge­sell­schaft das Finanz­amt, dass ihre Voll­macht erlo­schen sei. Dar­auf­hin ver­sand­te das Finanz­amt am 8.10.2020 eine wei­te­re Aus­fer­ti­gung direkt an die Klä­ge­rin und am 4.12.2020 eine Kopie an eine neue Part­ner­schafts­ge­sell­schaft. Die Klä­ge­rin erhob am 4.1.2021 Kla­ge und argu­men­tier­te, die Ein­spruchs­ent­schei­dung sei ihr erst durch die Zusen­dung an die Part­ner­schafts­ge­sell­schaft bekannt gege­ben worden.

Das Finanz­ge­richt wies die Kla­ge jedoch als unzu­läs­sig ab, da sie nicht inner­halb der ein­mo­na­ti­gen Kla­ge­frist erho­ben wor­den sei. Es ging davon aus, dass die Ein­spruchs­ent­schei­dung bereits am 5.10.2020 als bekannt gege­ben galt.

Der Bun­des­fi­nanz­hof bestä­tig­te unter dem Akten­zei­chen VI R 25/21 am 9.1.2024 die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts. Die obers­ten Finanz­rich­ter stell­ten klar, dass die wirk­sa­me Bekannt­ga­be eines an einen Bevoll­mäch­tig­ten adres­sier­ten Ver­wal­tungs­akts nicht davon abhängt, dass die Voll­macht im Bekannt­ga­be­zeit­punkt (!) noch besteht.

Ent­schei­dend ist, dass das Finanz­amt bei der Absen­dung von einer gül­ti­gen Voll­macht aus­ge­hen durf­te. Die Bekannt­ga­be­ver­mu­tung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abga­ben­ord­nung (AO) greift, wenn der Ver­wal­tungs­akt dem Bevoll­mäch­tig­ten tat­säch­lich zugeht, auch wenn die Voll­macht zwi­schen­zeit­lich wider­ru­fen wur­de. Das Gericht beton­te, dass für die Wirk­sam­keit der Bekannt­ga­be der Zeit­punkt der letz­ten Behör­den­hand­lung maß­geb­lich ist, hier also die Auf­ga­be zur Post. Ein spä­te­rer Wider­ruf der Voll­macht kann den Beginn der Kla­ge­frist nicht mehr ver­hin­dern. Die­se Aus­le­gung dient der Rechts­si­cher­heit und ent­spricht dem Zweck des § 80 Abs. 1 Satz 3 AO, wonach der Wider­ruf einer Voll­macht gegen­über der Finanz­be­hör­de erst mit Zugang wirk­sam wird.

Die nach­träg­li­che Über­sen­dung der Ein­spruchs­ent­schei­dung an die Klä­ge­rin selbst oder an die neue Part­ner­schafts­ge­sell­schaft setz­te kei­ne neue Kla­ge­frist in Gang, da die Bekannt­ga­be an die KG bereits wirk­sam war. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te klar, dass bei einer wirk­sa­men Bekannt­ga­be alle Fol­ge­wir­kun­gen, ein­schließ­lich des Frist­be­ginns, an die­sen Zeit­punkt anknüpfen.

Die­se Ent­schei­dung unter­streicht die Bedeu­tung einer kla­ren Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Steu­er­pflich­ti­gen, ihren Bevoll­mäch­tig­ten und den Finanz­be­hör­den. Sie mahnt zur Vor­sicht bei Man­dats­be­en­di­gun­gen und zeigt, wie wich­tig es ist, Voll­machts­wi­der­ru­fe unver­züg­lich mit­zu­tei­len, um Rechts­nach­tei­le zu ver­mei­den. Für die Pra­xis bedeu­tet dies, dass Steu­er­pflich­ti­ge und ihre Bera­ter beson­ders auf­merk­sam sein müs­sen, wenn es um Ände­run­gen in der Ver­tre­tungs­si­tua­ti­on geht. Eine zeit­na­he und ein­deu­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Finanz­amt über den Wider­ruf von Voll­mach­ten ist uner­läss­lich, um sicher­zu­stel­len, dass wich­ti­ge Schrift­stü­cke den rich­ti­gen Emp­fän­ger errei­chen und Fris­ten gewahrt wer­den. Zudem ver­deut­licht das Urteil die Kom­ple­xi­tät des Steu­er­ver­fah­rens­rechts und die Not­wen­dig­keit einer sorg­fäl­ti­gen Hand­ha­bung von Voll­mach­ten und Zustel­lun­gen. Steu­er­pflich­ti­ge soll­ten sich bewusst sein, dass die Bekannt­ga­be von Ver­wal­tungs­ak­ten an ihre Bevoll­mäch­tig­ten recht­lich bin­dend sein kann, selbst wenn die Voll­macht kurz dar­auf erlischt. Dies unter­streicht die Wich­tig­keit einer engen Abstim­mung zwi­schen Man­dan­ten und ihren steu­er­li­chen Ver­tre­tern, ins­be­son­de­re in Über­gangs­pha­sen oder bei einem Wech­seln der Bevollmächtigten.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen

Die steu­er­li­che Aner­ken­nung von außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen ist ein zen­tra­ler Aspekt des deut­schen Ein­kom­men­steu­er­rechts, der vor allem bei medi­zi­ni­schen Behand­lun­gen häu­fig zu Strei­tig­kei­ten führt. Eine beson­de­re Bedeu­tung kommt dabei Auf­wen­dun­gen zu, die durch Krank­heits­kos­ten ent­ste­hen, ins­be­son­de­re wenn die­se nicht unmit­tel­bar die steu­er­pflich­ti­ge Per­son betref­fen, son­dern durch bio­lo­gi­sche oder recht­li­che Zusam­men­hän­ge auch ande­re Per­so­nen einbeziehen.

In einem Urteil vom 29.2.2024, unter dem Akten­zei­chen VI R 2/22, hat der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­den, dass die Kos­ten für eine Prä­im­plan­ta­ti­ons­dia­gnos­tik (PID) mit anschlie­ßen­der künst­li­cher Befruch­tung bei einer gesun­den Frau als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abzieh­bar sein kön­nen, wenn die Behand­lung durch eine Krank­heit des Part­ners erfor­der­lich wird.

Im vor­lie­gen­den Fall war die Klä­ge­rin eine unver­hei­ra­te­te, gesun­de Frau, deren Part­ner an einer chro­mo­so­ma­len Trans­lo­ka­ti­on litt. Die­se gene­ti­sche Ver­än­de­rung führ­te dazu, dass ein gemein­sa­mes Kind bei natür­li­cher Zeu­gung mit hoher Wahr­schein­lich­keit schwers­te kör­per­li­che oder geis­ti­ge Behin­de­run­gen gehabt hät­te oder nicht lebens­fä­hig gewe­sen wäre. Auf­grund die­ses Risi­kos ent­schlos­sen sich die Klä­ge­rin und ihr Part­ner zu einer Behand­lung in einem Kin­der­wun­sch­zen­trum, die eine Prä­im­plan­ta­ti­ons­dia­gnos­tik in Ver­bin­dung mit einer künst­li­chen Befruch­tung umfass­te. Die PID soll­te sicher­stel­len, dass nur gene­tisch gesun­de Embryo­nen in die Gebär­mut­ter der Klä­ge­rin ein­ge­setzt wur­den, um eine fort­lau­fen­de Schwan­ger­schaft zu ermög­li­chen. Zuvor wur­den human­ge­ne­ti­sche Bera­tun­gen sowie psy­cho­so­zia­le Gesprä­che durch­ge­führt. Die Zustim­mung zur PID wur­de von der zustän­di­gen Kom­mis­si­on der Ärz­te­kam­mer eingeholt.

Im Streit­jahr 2019 ent­stan­den der Klä­ge­rin ins­ge­samt Behand­lungs­kos­ten in Höhe von 22.965 Euro. Die­se Kos­ten umfass­ten medi­zi­ni­sche Maß­nah­men, die größ­ten­teils am Kör­per der Klä­ge­rin durch­ge­führt wur­den, sowie Rech­nun­gen und Rezep­te, die direkt auf sie aus­ge­stellt waren. Die Klä­ge­rin bean­trag­te, die­se Auf­wen­dun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen gemäß § 33 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) zu berück­sich­ti­gen. Das Finanz­amt lehn­te den Antrag mit der Begrün­dung ab, dass die Behand­lung nicht aus­schließ­lich die Klä­ge­rin, son­dern auch ihren Part­ner betraf und daher kei­ne per­sön­li­che Zwangs­läu­fig­keit vor­lie­ge. Nach erfolg­lo­sem Ein­spruch erhob die Klä­ge­rin Kla­ge vor dem Finanz­ge­richt Nie­der­sach­sen, wel­ches ihrer Kla­ge teil­wei­se statt­gab und einen Teil der Kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen aner­kann­te. Das Finanz­amt leg­te dar­auf­hin Revi­si­on ein.

Der Bun­des­fi­nanz­hof wies die Revi­si­on des Finanz­amts zurück und bestä­tig­te, dass die von der Klä­ge­rin selbst getra­ge­nen Kos­ten für die künst­li­che Befruch­tung und PID als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzugs­fä­hig sind. Die obers­ten Finanz­rich­ter führ­ten aus, dass Krank­heits­kos­ten grund­sätz­lich dann abzugs­fä­hig sind, wenn sie durch einen objek­tiv regel­wid­ri­gen Kör­per­zu­stand ver­ur­sacht wer­den und zur Hei­lung oder Lin­de­rung einer Krank­heit bei­tra­gen. Im vor­lie­gen­den Fall han­del­te es sich bei der chro­mo­so­ma­len Trans­lo­ka­ti­on des Part­ners um eine sol­che Krank­heit, deren Fol­gen durch die ärzt­li­chen Maß­nah­men aus­ge­gli­chen wur­den. Obwohl die Maß­nah­men direkt am Kör­per der Klä­ge­rin vor­ge­nom­men wur­den, stan­den sie in einem untrenn­ba­ren bio­lo­gi­schen Zusam­men­hang mit der Krank­heit des Part­ners. Da eine allei­ni­ge Behand­lung des Part­ners nicht aus­rei­chend war, um die Krank­heits­fol­gen zu lin­dern, waren auch die an der Klä­ge­rin durch­ge­führ­ten Behand­lungs­schrit­te »zwangs­läu­fig« im Sin­ne des Gesetzes.

Das Gericht stell­te außer­dem fest, dass die Maß­nah­men mit der deut­schen Rechts­ord­nung im Ein­klang ste­hen müs­sen, um als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen aner­kannt zu wer­den. Im vor­lie­gen­den Fall war dies gege­ben, da die PID von der zustän­di­gen Kom­mis­si­on der Ärz­te­kam­mer geneh­migt wur­de und sämt­li­che recht­li­chen Anfor­de­run­gen gemäß § 3a des Embryo­nen­schutz­ge­set­zes ein­ge­hal­ten wur­den. Dazu gehör­ten die vor­he­ri­ge Bera­tung der Klä­ge­rin und ihres Part­ners, die Prü­fung durch die PID-Kom­mis­si­on sowie die Durch­füh­rung der Maß­nah­men in einem zuge­las­se­nen Zentrum.

Ent­schei­dend für die Aner­ken­nung der Kos­ten war auch, dass der Bun­des­fi­nanz­hof den Grund­satz der Indi­vi­du­al­be­steue­rung als gewahrt ansah. Obwohl die Behand­lung durch die Krank­heit des Part­ners bedingt war, trug die Klä­ge­rin die Kos­ten für die an ihr durch­ge­führ­ten Maß­nah­men per­sön­lich. Daher spie­gel­ten die Auf­wen­dun­gen eine gemin­der­te wirt­schaft­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit der Klä­ge­rin wider, die im Rah­men der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen steu­er­lich zu berück­sich­ti­gen ist.

Das Urteil hat eine weit­rei­chen­de Bedeu­tung, da es die Abzieh­bar­keit von Behand­lungs­kos­ten auch in kom­ple­xen Kon­stel­la­tio­nen bestä­tigt, bei denen ein bio­lo­gi­scher Zusam­men­hang zwi­schen der Erkran­kung einer ande­ren Per­son und den an der steu­er­pflich­ti­gen Per­son vor­ge­nom­me­nen Maß­nah­men besteht. Es stärkt die Rech­te von Steu­er­pflich­ti­gen, die medi­zi­ni­sche Behand­lun­gen in Anspruch neh­men müs­sen, um Krank­heits­fol­gen zu ver­hin­dern oder aus­zu­glei­chen, und schafft Rechts­si­cher­heit hin­sicht­lich der steu­er­li­chen Berück­sich­ti­gung sol­cher Kos­ten. Scha­de ist eigent­lich nur, dass wir in der deut­schen Büro­kra­tie einen sol­chen Fall tat­säch­lich durch ein obers­tes Gericht klä­ren las­sen müssen.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Anforderungen an das sogenannte Schonvermögen der unterhaltenen Person

Die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von Unter­halts­leis­tun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ist immer wie­der mit steu­er­li­chen Strei­tig­kei­ten ver­bun­den. Beson­ders rele­vant ist dabei die Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen der­ar­ti­ge Zah­lun­gen steu­er­lich abzugs­fä­hig sind und wel­che Ver­mö­gens­gren­zen für die unter­stütz­te Per­son gelten.

In einem Fall des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 29.2.2024, unter dem Akten­zei­chen VI R 21/21, wur­de über die Anwend­bar­keit der soge­nann­ten Wert­gren­ze für das Schon­ver­mö­gen sowie die Ein­ord­nung ange­spar­ter Unter­halts­leis­tun­gen entschieden.

Im zugrun­de lie­gen­den Fall hat­ten die Klä­ger, ein ver­hei­ra­te­tes Ehe­paar, für das Jahr 2019 Unter­halts­zah­lun­gen an ihren stu­die­ren­den Sohn steu­er­lich gel­tend gemacht. Die Zah­lun­gen umfass­ten Beträ­ge für Mie­te, Lebens­un­ter­halt, Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung sowie wei­te­re Kos­ten. Das Finanz­amt lehn­te jedoch die Berück­sich­ti­gung der Zah­lun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen ab, da das Ver­mö­gen des Soh­nes zum 1.1.2019 den Wert von 15.500 Euro über­schrit­ten hat­te. Die­se Gren­ze wird in den Ein­kom­men­steu­er-Richt­li­ni­en und der Recht­spre­chung als Schwel­le für »gerin­ges Ver­mö­gen« gemäß § 33a Absatz 1 Satz 4 Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) ange­se­hen. Nach Auf­fas­sung des Finanz­amts war der Sohn somit schlicht nicht unter­halts­be­dürf­tig und die Zah­lun­gen kön­nen bei den Eltern im Wei­te­ren nicht steu­er­min­dernd berück­sich­tigt werden.

Die Klä­ger argu­men­tier­ten jedoch dage­gen, dass das Ver­mö­gen des Soh­nes teil­wei­se aus nicht ver­brauch­ten Unter­halts­zah­lun­gen bestand, die ihrem Zweck ent­spre­chend nicht als Ver­mö­gen im steu­er­li­chen Sin­ne betrach­tet wer­den dürf­ten. Das Finanz­ge­richt hat­te die Kla­ge zunächst abge­wie­sen, wor­auf­hin die Klä­ger jedoch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein­leg­ten. Dort beka­men sie teil­wei­se Recht.

Nach den Aus­füh­run­gen des Gerichts dür­fen Unter­halts­zah­lun­gen, die zum Lebens­un­ter­halt bestimmt sind, nicht bereits im Zeit­punkt ihres Zuflus­ses als schäd­li­ches Ver­mö­gen gewer­tet wer­den. Viel­mehr sind sol­che Beträ­ge erst nach Ablauf des Kalen­der­jah­res ihres Zuflus­ses dem Ver­mö­gen hin­zu­zu­rech­nen. Im kon­kre­ten Fall stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof fest, dass das Ver­mö­gen des Soh­nes unter Berück­sich­ti­gung die­ser Rege­lun­gen zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt unter­halb der Gren­ze von 15.500 Euro lag.

Dar­über hin­aus stell­ten die obers­ten Finanz­rich­ter jedoch lei­der auch klar, dass die Wert­gren­ze für das Schon­ver­mö­gen trotz infla­ti­ons­be­ding­ter Ver­än­de­run­gen seit ihrer Ein­füh­rung im Jahr 1975 auch im Streit­jahr 2019 wei­ter­hin ange­mes­sen ist. Die­se Gren­ze liegt deut­lich über dem Grund­frei­be­trag und dient dazu, das jähr­li­che Exis­tenz­mi­ni­mum sicher­zu­stel­len. Eine Erhö­hung der Gren­ze lehn­te das Gericht somit ab.

Hin­sicht­lich der steu­er­li­chen Berück­sich­ti­gung der Unter­halts­leis­tun­gen stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof fest, dass ein Abzug nur für den Zeit­raum mög­lich ist, in dem die Unter­halts­vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Für das Jahr 2019 erkann­te das Gericht die Unter­halts­auf­wen­dun­gen der Klä­ger für den Zeit­raum Janu­ar bis Sep­tem­ber als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen an. Der Abzug war aller­dings auf den Höchst­be­trag nach § 33a Absatz 1 Satz 1 EStG in Höhe von 6.876 Euro begrenzt, der sich aus der Kür­zung für neun Mona­te ergibt. Hin­zu kamen die Bei­trä­ge für die Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung des Soh­nes in Höhe von 1.123 Euro, sodass ein Gesamt­be­trag von 7.999 Euro als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen berück­sich­tigt wer­den konn­te. Im Übri­gen wur­de die Kla­ge aller­dings abgewiesen.

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5. Für Vermieter: Wohnraumvermietung und Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage

Das steu­er­li­che Pro­blem im vor­lie­gen­den Fall betrifft die Fra­ge, ob ein Ver­mie­ter von Wohn­raum, der Kos­ten für den Erwerb und die Instal­la­ti­on einer neu­en Hei­zungs­an­la­ge trägt, den Vor­steu­er­ab­zug gel­tend machen kann.

Dies ist von Bedeu­tung, weil die Ver­mie­tung von Wohn­raum nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatz­steu­er­ge­set­zes (UStG) grund­sätz­lich umsatz­steu­er­frei ist, es jedoch in bestimm­ten Kon­stel­la­tio­nen mög­lich ist, Vor­steu­ern abzu­zie­hen, wenn die­se in direk­tem Zusam­men­hang mit steu­er­pflich­ti­gen Umsät­zen stehen.

Im vor­lie­gen­den Fall wur­de ein Haus mit zwei Woh­nun­gen ver­mie­tet, und die Klä­ge­rin instal­lier­te im Jahr 2016 eine neue Hei­zungs­an­la­ge. Strei­tig war, ob die­se Kos­ten als Betriebs­kos­ten auf die Mie­ter umge­legt wer­den kön­nen und somit ein Vor­steu­er­ab­zug aus­ge­schlos­sen ist, oder ob die Hei­zungs­an­la­ge als eigen­stän­di­ge Leis­tung im Zusam­men­hang mit steu­er­pflich­ti­gen Wär­me- und Warm­was­ser­lie­fe­run­gen ange­se­hen wer­den kann.

Die Klä­ge­rin hat­te eine Umsatz­steu­er­vor­anmel­dung abge­ge­ben, in der sie die Vor­steu­er auf den Kauf und die Instal­la­ti­on der Hei­zungs­an­la­ge gel­tend mach­te. Das Finanz­amt lehn­te dies jedoch ab, da es der Auf­fas­sung war, dass die Wär­me- und Warm­was­ser­lie­fe­run­gen an die Mie­ter als unselb­stän­di­ge Neben­leis­tun­gen zur steu­er­frei­en Wohn­raum­ver­mie­tung anzu­se­hen sei­en, was den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließt. Tat­säch­lich ent­schied zunächst das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­nem Urteil vom 6.4.2021 unter dem Akten­zei­chen 5 K 3866/18 U zuguns­ten der Klä­ge­rin und erkann­te die Wär­me- und Warm­was­ser­lie­fe­run­gen als eigen­stän­di­ge, steu­er­pflich­ti­ge Leis­tun­gen an, die einen Vor­steu­er­ab­zug ermög­li­chen wür­den. Gegen die­se Ent­schei­dung leg­te das Finanz­amt Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein.

Die obers­ten Finanz­rich­ter des Bun­des­fi­nanz­ho­fes ent­schie­den am 7.12.2023 unter dem Akten­zei­chen V R 15/21, dass die Kos­ten der neu­en Hei­zungs­an­la­ge im direk­ten Zusam­men­hang mit der steu­er­frei­en Ver­mie­tung ste­hen. Das Gericht führ­te aus, dass der Ver­mie­ter gemäß § 535 Abs. 1 des Bür­ger­li­chen Gesetz­buch (BGB) die Miet­sa­che in einem zum ver­trags­ge­mä­ßen Gebrauch geeig­ne­ten Zustand zu über­las­sen hat. Dies umfasst auch die Ver­sor­gung mit Wär­me und war­mem Was­ser. Die Kos­ten für den Erwerb und die Instal­la­ti­on der Hei­zungs­an­la­ge konn­ten nicht als Betriebs­kos­ten auf die Mie­ter umge­legt wer­den, da Instand­hal­tungs- und Instand­set­zungs­kos­ten nach § 556 Abs. 1 BGB und der Betriebs­kos­ten­ver­ord­nung von der Umla­ge aus­ge­schlos­sen sind.

Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te dem­entspre­chend klar, dass der Vor­steu­er­ab­zug gemäß § 15 Abs. 2 UStG aus­ge­schlos­sen ist, da die Kos­ten der Hei­zungs­an­la­ge unmit­tel­bar mit der steu­er­frei­en Ver­mie­tung zusam­men­hän­gen und nicht mit einer steu­er­pflich­ti­gen Leis­tung wie der Lie­fe­rung von Wär­me und Warm­was­ser. Die Lie­fe­rung von Wär­me und Warm­was­ser sei Teil der steu­er­frei­en Wohn­raum­ver­mie­tung, da die­se Leis­tun­gen nicht geson­dert neben der Mie­te abge­rech­net wur­den. Der Ver­mie­ter schul­de die Hei­zung und Warm­was­ser­ver­sor­gung als Teil der Miet­sa­che, sodass die ent­spre­chen­den Kos­ten als Auf­wen­dun­gen für die Erhal­tung der Miet­sa­che anzu­se­hen sind und nicht zu einem Vor­steu­er­ab­zug berechtigen.

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6. Für Arbeitnehmer: Zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei geringer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Das Urteil des Finanz­ge­richts Müns­ter vom 6.2.2024 unter dem Akten­zei­chen 1 K 1448/22 E befasst sich mit der steu­er­li­chen Aner­ken­nung einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung, bei der die Klä­ger – ein Ehe­paar – Kos­ten für den beruf­lich beding­ten Zweit­haus­halt des Ehe­man­nes gel­tend mach­ten. Das zen­tra­le Pro­blem bestand in der Fra­ge, ob der Arbeit­neh­mer in einem ande­ren Ort als sei­ner Beschäf­ti­gungs­stät­te einen eige­nen Haus­stand unter­hielt und somit die steu­er­li­che Aner­ken­nung der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) mög­lich war.

Zum Sach­ver­halt: Die Klä­ger gaben an, der Ehe­mann habe im Jahr 2020 in einer Ent­fer­nung von etwa 30 Kilo­me­tern von sei­nem Arbeits­ort gewohnt und sei daher berech­tigt, eine Zweit­woh­nung in der Nähe sei­ner Arbeits­stät­te anzu­mie­ten. Die­se Auf­wen­dun­gen wur­den als Wer­bungs­kos­ten gel­tend gemacht. Die Ent­fer­nung zwi­schen der Haupt­woh­nung in der Gemein­de A und der Arbeits­stät­te in der Gemein­de B betrug rund 30 Kilo­me­ter, was einer Fahr­zeit von etwa 50 bis 55 Minu­ten entsprach.

Der Klä­ger nutz­te zudem für beruf­li­che Fahr­ten einen Dienst­wa­gen. Die Finanz­be­hör­de lehn­te die Aner­ken­nung der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung mit der Begrün­dung ab, dass bei einer gerin­gen Ent­fer­nung zwi­schen Wohn- und Arbeits­ort von weni­ger als 50 Kilo­me­tern und einer Fahr­zeit von unter einer Stun­de kei­ne dop­pel­te Haus­halts­füh­rung vor­lie­ge. Daher wur­den ledig­lich Wer­bungs­kos­ten in gerin­ge­rem Umfang aner­kannt, und die gel­tend gemach­ten Auf­wen­dun­gen für die dop­pel­te Haus­halts­füh­rung nicht berücksichtigt.

Die Klä­ger leg­ten gegen die­se Ent­schei­dung Ein­spruch ein und führ­ten unter ande­rem an, dass laut einem Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 25.11.2020 die beruf­li­che Ver­an­las­sung zum Bezug einer Zweit­un­ter­kunft aner­kannt wer­den kön­ne, wenn die Fahr­zeit von der Zweit­woh­nung zur Arbeits­stät­te weni­ger als die Hälf­te der Fahr­zeit von der Haupt­woh­nung betra­ge. Sie wie­sen zudem dar­auf hin, dass die Fahrt­zeit mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln über zwei Stun­den betrug. Da der Klä­ger die Stre­cke zwi­schen der Haupt­woh­nung und der Arbeits­stät­te jedoch stets mit dem Dienst­wa­gen zurück­leg­te, wies die Finanz­be­hör­de den Ein­spruch zurück. In ihrer Argu­men­ta­ti­on stütz­te sie sich unter ande­rem auf ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 16.11.2017 unter dem Akten­zei­chen VI R 31/16, wonach Fahr­zei­ten von unter einer Stun­de in der Regel zumut­bar sind.

In der gegen das Finanz­amt ein­ge­leg­ten Kla­ge führ­ten die Steu­er­pflich­ti­gen zusätz­lich aus, dass der Klä­ger auf­grund gestie­ge­ner Ben­zin­prei­se und Kos­ten für die Nut­zung des Dienst­wa­gens auf öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel hät­te umstei­gen wol­len. Das Gericht wies die­se Argu­men­ta­ti­on jedoch mit der Begrün­dung zurück, dass der Klä­ger nach­weis­lich wei­ter­hin den Dienst­wa­gen für alle Fahr­ten genutzt habe und somit die lan­gen Fahr­zei­ten mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln irrele­vant sei­en. Auch die gestie­ge­nen Fahr­zeug­kos­ten sei­en nicht rele­vant, da es sich um ein Dienst­fahr­zeug han­del­te und der Klä­ger kei­ne höhe­ren Ben­zin­kos­ten trug.

Das Finanz­ge­richt ent­schied letzt­end­lich, dass die Vor­aus­set­zun­gen für eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung nicht gege­ben sind. Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs liegt eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung nur vor, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge einen eige­nen Haus­stand außer­halb des Beschäf­ti­gungs­orts unter­hält. Da der Klä­ger jedoch in zumut­ba­rer Zeit von der Haupt­woh­nung zur Arbeits­stät­te pen­deln konn­te, ent­fiel die Not­wen­dig­keit einer Zweit­woh­nung. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass die Fahr­zeit im Berufs­ver­kehr unter einer Stun­de lag und somit kei­ne über­mä­ßi­ge Belas­tung dar­stell­te. Die Nut­zung öffent­li­cher Ver­kehrs­mit­tel wur­de im Streit­fall nicht als rea­li­täts­nah ange­se­hen, da der Klä­ger nach­weis­lich stets den Dienst­wa­gen nutz­te. Das Finanz­ge­richt stütz­te sich hier­bei auf den Grund­satz, dass indi­vi­du­el­le Ver­kehrs­ver­bin­dun­gen und die tat­säch­li­chen Umstän­de des Ein­zel­falls bei der Bewer­tung her­an­ge­zo­gen wer­den müssen.

Ins­ge­samt wur­de die Kla­ge abge­wie­sen, und der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Jahr 2020 blieb unver­än­dert. Auch wenn inso­weit eine Ent­schei­dung gegen den Steu­er­pflich­ti­gen gege­ben ist, kann die­se Ent­schei­dung durch­aus als rich­tig ein­ge­ord­net werden.

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7. Für Immobilienunternehmen: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung im Fall einer Betriebsverpachtung möglich

Die steu­er­li­che Pro­ble­ma­tik in die­sem Fall bezieht sich mal wie­der auf die Fra­ge, ob eine erwei­ter­te Kür­zung der Gewer­be­steu­er gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewer­be­steu­er­ge­setz (GewStG) zuläs­sig ist. Dies­mal geht es um einen Fall der Betriebs­ver­pach­tung, und das wirk­lich Beson­de­re an die­ser Ent­schei­dung ist, dass sie aus­nahms­wei­se ein­mal posi­tiv für den Steu­er­pflich­ti­gen aus­geht. Aber zunächst zum Hintergrund:

Die erwei­ter­te Kür­zung sieht eine Ver­min­de­rung der gewer­be­steu­er­li­chen Bemes­sungs­grund­la­ge vor, wenn Unter­neh­men aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz ver­wal­ten und nut­zen. Die­se Rege­lung ist vor allem für Grund­stücks­un­ter­neh­men von Bedeu­tung, die eine Redu­zie­rung ihrer Steu­er­last anstre­ben, indem sie den Anteil des Gewer­be­er­trags kür­zen, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes ent­fällt. Die wesent­li­che Fra­ge ist, ob eine gewerb­li­che Betriebs­ver­pach­tung eine schäd­li­che Hand­lung im Sin­ne die­ser Rege­lung dar­stellt und damit den Anspruch auf die Kür­zung ausschließt.

Im zugrun­de lie­gen­den Fall pach­te­te eine Klä­ge­rin ein Grund­stück, auf dem sich ein Auto­haus samt Repa­ra­tur­werk­statt und Wasch­an­la­ge befand. Die Klä­ge­rin ver­mie­te­te die­sen Grund­be­sitz im Rah­men eines Gewer­be­miet­ver­trags an den Betrei­ber des Auto­hau­ses. Sie bean­trag­te die erwei­ter­te Kür­zung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und argu­men­tier­te, dass ihre Tätig­keit sich aus­schließ­lich auf die Ver­mie­tung des eige­nen Grund­be­sit­zes beschrän­ke. Das Finanz­ge­richt in ers­ter Instanz ver­nein­te jedoch die Zuläs­sig­keit der erwei­ter­ten Kür­zung mit der Begrün­dung, dass die Klä­ge­rin neben dem Grund­be­sitz auch die Wasch­an­la­ge, eine soge­nann­te Betriebs­vor­rich­tung, mit­ver­mie­tet habe. Dies sei eine kür­zungs­schäd­li­che Hand­lung, da nicht nur Grund­be­sitz, son­dern auch eine Vor­rich­tung zur unmit­tel­ba­ren Aus­übung des Gewer­bes ver­mie­tet wur­de. Regel­mä­ßig ist näm­lich bereits die Über­las­sung einer Betriebs­vor­rich­tung schäd­lich im Bereich der erwei­ter­ten Gewerbesteuerkürzung.

Zudem sah das Gericht die Tat­sa­che, dass die Klä­ge­rin den Grund­be­sitz im Rah­men einer gewerb­li­chen Betriebs­ver­pach­tung über­las­sen habe, als wei­te­ren Grund an, die erwei­ter­te Kür­zung zu ver­sa­gen. So das Urteil des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts Müns­ter vom 6.12.2019 unter dem Akten­zei­chen 14 K 3999/16 G.

Erfreu­li­cher­wei­se leg­te die Klä­ge­rin Revi­si­on ein, wor­auf­hin der Bun­des­fi­nanz­hof die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts auf­hob und die Sache zur ander­wei­ti­gen Ver­hand­lung zurück­wies, so die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 19.12.2023 unter dem Akten­zei­chen IV R 5/21.

Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te dar­in in der genau­en Betrach­tung des Sach­ver­halts klar, dass nicht jede Betriebs­ver­pach­tung auto­ma­tisch die erwei­ter­te Kür­zung aus­schließt. Ent­schei­dend ist, ob die Ver­mie­tung aus­schließ­lich eige­nen bebau­ten Grund­be­sitz betrifft oder ob auch Betriebs­vor­rich­tun­gen, wie im vor­lie­gen­den Fall die Wasch­an­la­ge, mit­ver­mie­tet wur­den. Die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik folg­ten inso­weit ihren erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen in der Annah­me, dass eine Wasch­an­la­ge eine Betriebs­vor­rich­tung dar­stellt, die grund­sätz­lich kür­zungs­schäd­lich sein kann. Aller­dings ver­warf das obers­te Finanz­ge­richt die Schluss­fol­ge­rung der ers­ten Instanz, wonach die Klä­ge­rin die Wasch­an­la­ge mit­ver­mie­tet habe.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hob her­vor, dass es auf den ganz genau­en Inhalt des Miet­ver­trags ankom­me und die Par­tei­en eines sol­chen Ver­trags auch ver­ein­ba­ren kön­nen, dass bestimm­te Betriebs­vor­rich­tun­gen nicht Gegen­stand der Ver­mie­tung sind. Dem­nach müs­se das Finanz­ge­richt in einer erneu­ten Ver­hand­lung den Miet­ver­trag prä­zi­se aus­le­gen und fest­stel­len, ob die Wasch­an­la­ge tat­säch­lich mit­ver­mie­tet wur­de oder nicht. Anders aus­ge­drückt: Die obers­ten Rich­ter erhe­ben hier den Zei­ge­fin­ger gegen die Erst­in­stanz­ler und brum­men denen auf, zunächst ein­mal den Sach­ver­halt abschlie­ßend zu klä­ren, bevor eine Ent­schei­dung getrof­fen wird.

Dar­über hin­aus führ­te der Bun­des­fi­nanz­hof aus, dass eine gewerb­li­che Betriebs­ver­pach­tung nicht per se kür­zungs­schäd­lich ist. Wenn aus­schließ­lich eige­ner Grund­be­sitz ver­mie­tet wird und kei­ne ande­ren, schäd­li­chen Tätig­kei­ten aus­ge­übt wer­den, bleibt die erwei­ter­te Kür­zung zuläs­sig. Die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs unter­streicht daher das gro­ße Pra­xis­pro­blem, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die erwei­ter­te Kür­zung sehr prä­zi­se geprüft wer­den müs­sen und häu­fig klei­ne Details ent­schei­dend dafür sind, ob die Kür­zung gewährt oder abge­lehnt wird. Defi­ni­tiv ist aber die Ver­mie­tung von Betriebs­vor­rich­tun­gen, die nicht als wesent­li­che Gebäu­de­be­stand­tei­le gel­ten, grund­sätz­lich eine schäd­li­che Hand­lung. Dies gilt auf­grund der aktu­el­len Rechts­la­ge zumin­dest in den Gren­zen der Aus­nah­me­tat­be­stän­de des § 9 Nr. 1 Satz 3 ff. GewStG. Danach ist bei­spiels­wei­se die Mit­ver­mie­tung an den Mie­ter der Immo­bi­lie unschäd­lich, wenn die Ein­nah­men dar­aus nicht höher als 5% der Ein­nah­men aus der Gebrauchs­über­las­sung des Grund­be­sit­zes sind. Für die Pra­xis ist dies eine sehr schwer zu über­wa­chen­de Rege­lung, für den vor­ge­stell­ten Streit­fall hat­te sie kei­ne Bedeu­tung, da die Norm im Streit­jahr noch nicht existierte.

Die Ent­schei­dung zeigt mal wie­der, wie kom­plex die Abgren­zung zwi­schen dem zuläs­si­gen eige­nen Grund­be­sitz und Betriebs­vor­rich­tun­gen im Rah­men der erwei­ter­ten Kür­zung ist. Sie ver­deut­licht zudem, dass Miet­ver­trä­ge detail­liert geprüft wer­den müs­sen, um zu klä­ren, ob bestimm­te Gegen­stän­de wie Betriebs­vor­rich­tun­gen von der Ver­mie­tung erfasst sind und somit gege­be­nen­falls kür­zungs­schäd­lich wirken.

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8. Für GmbH-Gesellschafter: Irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis als verdeckte Gewinnausschüttung

Der recht­li­che Rah­men ver­deck­ter Gewinn­aus­schüt­tun­gen bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten beschäf­tigt sich mit der Fra­ge, ob bestimm­te Ver­mö­gens­ver­schie­bun­gen durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst sind oder nicht.

Die­se The­ma­tik rund um die ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tun­gen gewinnt ins­be­son­de­re dann an Bedeu­tung, wenn Gesell­schaf­ter oder ihnen nahe­ste­hen­de Per­so­nen von Ent­schei­dun­gen der Gesell­schaft pro­fi­tie­ren, ohne dass dies einem Fremd­ver­gleich stand­hal­ten wür­de. Vor die­sem Hin­ter­grund ent­schied der Bun­des­fi­nanz­hof am 22.11.2023 unter dem Akten­zei­chen I R 9/20 über die steu­er­recht­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on einer irr­tüm­lich vor­ge­nom­me­nen Kapi­tal­maß­nah­me und deren Aus­wir­kun­gen auf die Körperschaftsteuer.

Im vor­lie­gen­den Fall han­del­te es sich um eine GmbH, deren allei­ni­ge Gesell­schaf­te­rin eine natür­li­che Per­son war. Im Zuge einer Kapi­tal­erhö­hung bei einer Toch­ter­ge­sell­schaft der Klä­ge­rin kam es zu einem Feh­ler: Der neu geschaf­fe­ne Geschäfts­an­teil wur­de nicht von der GmbH, son­dern von ihrer Gesell­schaf­te­rin über­nom­men. Dies geschah auf­grund eines Irr­tums im Rah­men der nota­ri­el­len Beur­kun­dung. Die Klä­ge­rin zahl­te jedoch die Ein­la­ge für den neu­en Geschäfts­an­teil und bilan­zier­te die­sen als ihr eige­nes Ver­mö­gen. Erst Jah­re spä­ter wur­de der Feh­ler durch einen Über­tra­gungs­ver­trag kor­ri­giert. Das Finanz­amt bewer­te­te die Situa­ti­on jedoch so, dass durch die unent­gelt­li­che Ermög­li­chung der Teil­nah­me der Gesell­schaf­te­rin an der Kapi­tal­erhö­hung eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) vorliege.

Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass der Irr­tum nicht auf einem gesell­schafts­recht­li­chen Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang basie­re, son­dern auf einem schlich­ten mensch­li­chen Feh­ler ohne Zuwen­dungs­be­wusst­sein. Das Finanz­ge­richt Schles­wig-Hol­stein folg­te jedoch der Auf­fas­sung des Finanz­amts und stell­te fest, dass die Zuwen­dung als vGA zu qua­li­fi­zie­ren sei, da sie objek­tiv einem Fremd­ver­gleich nicht stand­hal­te. Gegen die­ses Urteil leg­te die Klä­ge­rin erfreu­li­cher­wei­se die Revi­si­on ein.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hob das Urteil des Finanz­ge­richts auf und ver­wies die Sache zur erneu­ten Ver­hand­lung zurück an die ers­te Instanz. Nach Auf­fas­sung des obers­ten Finanz­ge­richts kommt es bei der Beur­tei­lung der gesell­schafts­recht­li­chen Ver­an­las­sung näm­lich nicht aus­schließ­lich auf den Maß­stab eines ordent­li­chen und gewis­sen­haf­ten Geschäfts­lei­ters an. Viel­mehr ist ent­schei­dend, ob der kon­kre­te Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einem Irr­tum unter­le­gen war. Ein feh­len­des Zuwen­dungs­be­wusst­sein kann dazu füh­ren, dass der erfor­der­li­che Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang nicht gege­ben ist. Der Bun­des­fi­nanz­hof beton­te, dass sub­jek­ti­ve Ent­schul­di­gungs­grün­de bei der Prü­fung des Vor­lie­gens einer vGA berück­sich­tigt wer­den müs­sen, ins­be­son­de­re wenn ein glaub­haft gemach­ter Irr­tum vorliegt.

Das Gericht stell­te klar, dass für eine vGA ein fina­ler Zuwen­dungs­wil­le erfor­der­lich ist. Liegt die­ser nicht vor und erfolgt die Ver­mö­gens­ver­schie­bung nicht aus gesell­schaft­li­chen Grün­den, schei­det eine vGA grund­sätz­lich aus. Dies gilt selbst dann, wenn die Ver­mö­gens­ver­schie­bung objek­tiv tat­säch­lich zu einem Vor­teil des Gesell­schaf­ters führt. Der Fall wur­de an das Finanz­ge­richt zurück­ver­wie­sen, damit die­ses die Tat­sa­chen­fra­ge klärt, ob die Gesell­schaf­te­rin zum Zeit­punkt der Beschluss­fas­sung tat­säch­lich einem Irr­tum unterlag.

Die­se Ent­schei­dung zeigt, dass bei der Beur­tei­lung von vGA nicht nur objek­ti­ve Kri­te­ri­en, son­dern auch die sub­jek­ti­ven Umstän­de des Ein­zel­falls berück­sich­tigt wer­den müs­sen. Die Fra­ge, ob ein Irr­tum des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers vor­lag und ob die­ser Irr­tum glaub­haft gemacht wer­den kann, ist von zen­tra­ler Bedeu­tung. Mit die­sem Urteil hat der Bun­des­fi­nanz­hof daher für die Zukunft die Anfor­de­run­gen an die Prü­fung von vGA prä­zi­siert und klar­ge­stellt, dass sub­jek­ti­ve Fak­to­ren nicht igno­riert wer­den dür­fen. Auch dann nicht, wenn dies dem Fis­kus in den Kram passt.

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9. Für Arbeitnehmer: Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten

Das deut­sche Ein­kom­men­steu­er­ge­setz regelt in § 3b die Steu­er­be­frei­ung von Zuschlä­gen für Sonntags‑, Fei­er­tags- und Nacht­ar­beit. Dabei stellt sich häu­fig die Fra­ge, wel­che Ent­gelt­be­stand­tei­le als Grund­la­ge für die Steu­er­frei­heit her­an­zu­zie­hen sind. Beson­ders rele­vant ist dies bei Bereit­schafts­diens­ten, da hier die Abgren­zung zwi­schen dem Grund­lohn und der Ver­gü­tung für die Bereit­schafts­zei­ten äußerst kom­plex sein kann.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat am 11.4.2024 unter dem Akten­zei­chen VI R 1/22 ent­schie­den, wie die Steu­er­frei­heit von Nacht­ar­beits­zu­schlä­gen bei Bereit­schafts­diens­ten zu bemes­sen ist und dabei sei­ne bis­he­ri­ge Recht­spre­chung aus dem Jahr 2002 aus­drück­lich aufgegeben.

Der aktu­el­le Ent­schei­dungs­sach­ver­halt ver­deut­licht, wor­auf es ankommt: Im vor­lie­gen­den Fall betrieb die Klä­ge­rin, eine För­der­schu­le mit Inter­nat, eine Ein­rich­tung, in der Kin­der und Jugend­li­che mit Beein­träch­ti­gun­gen auch in der Nacht betreut wur­den. Die Beschäf­tig­ten der Klä­ge­rin leis­te­ten neben ihrer regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit Bereit­schafts­diens­te in den Nacht­stun­den, die nach arbeits­ver­trag­li­chen Rege­lun­gen geson­dert ent­lohnt wur­den. Die Zeit der nächt­li­chen Bereit­schaft wur­de nur zu 25 Pro­zent als Arbeits­zeit aner­kannt und ent­spre­chend fak­to­ri­siert. Zusätz­lich erhiel­ten die Mit­ar­bei­ter für die­se Zei­ten Zuschlä­ge in Höhe von 15 Pro­zent ihres indi­vi­du­el­len Tabel­len­ent­gelts. Wäh­rend das Finanz­amt die Steu­er­frei­heit die­ser Zuschlä­ge auf das redu­zier­te Bereit­schafts­dienst­ent­gelt beschrän­ken woll­te, ver­trat die Klä­ge­rin die Ansicht, dass die Zuschlä­ge nach dem vol­len Tabel­len­ent­gelt steu­er­frei blei­ben müssten.

Der Bun­des­fi­nanz­hof bestä­tig­te die Auf­fas­sung der Klä­ge­rin und ent­schied, dass die Steu­er­frei­heit der Zuschlä­ge sich nach dem Grund­lohn, also dem lau­fen­den Arbeits­lohn für die regel­mä­ßi­ge Arbeits­zeit, bemisst und nicht nach dem Bereit­schafts­dienst­ent­gelt. Der Grund­lohn ist der lau­fen­de Arbeits­lohn, der dem Arbeit­neh­mer bei sei­ner regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit zusteht. Vor­aus­set­zung für die Steu­er­be­frei­ung ist zudem, dass die Zuschlä­ge zusätz­lich zum Grund­lohn gezahlt wer­den und zweck­be­stimmt sind, das heißt, sie müs­sen aus­schließ­lich für die tat­säch­lich geleis­te­te Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit gewährt wer­den. Es kommt dabei nicht dar­auf an, ob die Tätig­keit wäh­rend der begüns­tig­ten Zei­ten beson­ders belas­tend war oder nicht. Ent­schei­dend ist ledig­lich, dass die Arbeit zu die­sen Zei­ten erbracht wurde.

Die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik stell­ten wei­ter klar, dass auch Bereit­schafts­diens­te, die außer­halb der regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit geleis­tet wer­den, als zuschlags­be­wehr­te Tätig­kei­ten im Sin­ne von § 3b des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes gel­ten kön­nen. Die Bereit­schafts­dienst­zei­ten sind von der regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit zu unter­schei­den und dür­fen zusätz­lich ent­lohnt wer­den. Das Gericht hob her­vor, dass die Steu­er­frei­heit der Zuschlä­ge nicht durch die Beson­der­hei­ten der Bereit­schafts­diens­te ein­ge­schränkt wer­den darf, da die gesetz­li­che Rege­lung kei­ne der­ar­ti­ge Dif­fe­ren­zie­rung vor­sieht. Die Höhe der Steu­er­frei­heit rich­tet sich nach dem vol­len Stun­den­lohn des Grund­lohns, unab­hän­gig von einer even­tu­ell redu­zier­ten Ver­gü­tung für die Bereitschaftszeiten.

Mit die­ser Ent­schei­dung wur­de im Fazit klar­ge­stellt, dass Zuschlä­ge für Bereit­schafts­diens­te zu den glei­chen Bedin­gun­gen steu­er­frei gestellt wer­den kön­nen wie Zuschlä­ge für regu­lä­re Nacht­ar­beit. Gleich­zei­tig wur­de die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung aus dem Jahr 2002, die eine Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen regu­lä­rer Arbeits­zeit und Bereit­schafts­dienst­zei­ten vor­sah, aus­drück­lich aufgegeben.

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