Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief November 2024

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

11.11 Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.11. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Dezem­ber 2024:

10.12. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.12. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Novem­ber 2024

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Novem­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.11.2024.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Außergewöhnliche Belastungen bei Unterbringung in einer Wohngemeinschaft

Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.8.2023 unter dem Akten­zei­chen VI R 40/20 beschäf­tigt sich mit einem zen­tra­len Aspekt des deut­schen Steu­er­rechts, näm­lich der Fra­ge, unter wel­chen Bedin­gun­gen Auf­wen­dun­gen für die Unter­brin­gung in einer Wohn­ge­mein­schaft als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen im Sin­ne des § 33 des Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) aner­kannt wer­den kön­nen. Die­se The­ma­tik ist beson­ders rele­vant für Steu­er­pflich­ti­ge, die auf­grund von Krank­heit, Pfle­ge­be­dürf­tig­keit oder Behin­de­rung beson­de­re finan­zi­el­le Auf­wen­dun­gen haben.

Im kon­kre­ten Fall han­delt es sich um ein Ehe­paar, das im Jahr 2016 zur Ein­kom­men­steu­er gemein­sam ver­an­lagt wur­de. Der Ehe­mann ist schwer­be­hin­dert und lebt seit Novem­ber 2015 in einer selbst­ver­ant­wor­te­ten Wohn­ge­mein­schaft, in der er zusam­men mit ande­ren pfle­ge­be­dürf­ti­gen Men­schen unter­ge­bracht ist. Die­se Wohn­ge­mein­schaft zeich­net sich dadurch aus, dass die Bewoh­ner nicht in einem klas­si­schen Pfle­ge­heim, son­dern in einer gemein­schaft­li­chen Wohn­form leben und von einem ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst betreut wer­den. Die monat­li­chen Kos­ten für die Mie­te und die all­ge­mei­ne Lebens­füh­rung in die­ser Wohn­ge­mein­schaft belie­fen sich im Streit­jahr auf ins­ge­samt 16.920 Euro. Die­se Aus­ga­ben mach­te das Ehe­paar in sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend.

Das Finanz­amt lehn­te die Aner­ken­nung jedoch ab und begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung damit, dass der Ehe­mann nicht in einem Heim, son­dern in einer selbst­ver­ant­wor­te­ten Wohn­ge­mein­schaft unter­ge­bracht und des­halb der Abzug aus­ge­schlos­sen sei. Dies führ­te dazu, dass das Ehe­paar Kla­ge beim erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richt erhob, wel­ches die Kla­ge teil­wei­se für begrün­det erklär­te und die Auf­wen­dun­gen nach einer Kür­zung um eine soge­nann­te Haus­halts­er­spar­nis als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung aner­kann­te. Gegen die­ses Urteil leg­te der Fis­kus Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein, da er offen­sicht­lich eine Grund­satz­ent­schei­dung dahin­ge­hend erzwin­gen woll­te, dass ent­spre­chen­de Auf­wen­dun­gen grund­sätz­lich nicht steu­er­min­dernd abzieh­bar sind.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat die Revi­si­on des Finanz­amts zurück­ge­wie­sen und das Urteil des Finanz­ge­richts Köln bestä­tigt. Dabei stell­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik klar, dass die Auf­wen­dun­gen für die krank­heits- oder pfle­ge­be­ding­te Unter­brin­gung in einer Ein­rich­tung immer dann als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung im Sin­ne des § 33 EStG abzieh­bar sind, wenn sie dem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig ent­ste­hen. Das Gericht beton­te, dass es hier­bei nicht zwin­gend erfor­der­lich ist, dass der Steu­er­pflich­ti­ge in einem klas­si­schen Pfle­ge­heim unter­ge­bracht ist. Auch alter­na­ti­ve Wohn­for­men, wie etwa vor­lie­gend die selbst­ver­ant­wor­te­te Wohn­ge­mein­schaft, kön­nen die Vor­aus­set­zun­gen für eine steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung durch­aus erfüllen.

Um zu ver­ste­hen, war­um der Bun­des­fi­nanz­hof die Auf­wen­dun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung aner­kannt hat, ist es wich­tig, die gesetz­li­chen Tat­be­stands­merk­ma­le der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen und deren Vor­aus­set­zun­gen im Detail zu betrachten.

Das ers­te Tat­be­stands­merk­mal für eine außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ist die Zwangs­läu­fig­keit der Auf­wen­dun­gen. Nach § 33 Abs. 2 EStG sind Aus­ga­ben nur dann als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzieh­bar, wenn sie dem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig erwach­sen. Das bedeu­tet, dass der Steu­er­pflich­ti­ge recht­lich, tat­säch­lich oder sitt­lich ver­pflich­tet sein muss, die­se Auf­wen­dun­gen zu tra­gen und ihnen nicht aus­wei­chen kann. Im vor­lie­gen­den Fall ist die Zwangs­läu­fig­keit dadurch gege­ben, dass der Ehe­mann auf­grund sei­ner Schwer­be­hin­de­rung und Pfle­ge­be­dürf­tig­keit auf eine Unter­brin­gung ange­wie­sen ist, die eine umfas­sen­de Betreu­ung und Pfle­ge sicher­stellt. Die Wahl einer Wohn­ge­mein­schaft anstel­le eines klas­si­schen Pfle­ge­heims ändert nichts an der Tat­sa­che, dass die Auf­wen­dun­gen für sei­ne Unter­brin­gung zwangs­läu­fig entstehen.

Ein wei­te­res wesent­li­ches Tat­be­stands­merk­mal ist die Außer­ge­wöhn­lich­keit der Auf­wen­dun­gen. Die Auf­wen­dun­gen müs­sen über das hin­aus­ge­hen, was der über­wie­gen­den Mehr­zahl der Steu­er­pflich­ti­gen glei­cher Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se sowie glei­chen Fami­li­en­stands typi­scher­wei­se erwächst. In die­sem Fall hat der Bun­des­fi­nanz­hof klar­ge­stellt, dass die Kos­ten für die pfle­ge­be­ding­te Unter­brin­gung in einer Wohn­ge­mein­schaft außer­ge­wöhn­lich sind, weil sie unmit­tel­bar mit der beson­de­ren Pfle­ge­si­tua­ti­on des Ehe­manns zusam­men­hän­gen und von ande­ren Steu­er­pflich­ti­gen nicht in die­ser Form getra­gen wer­den müssen.

Ein wei­te­rer Punkt, der in der Recht­spre­chung immer wie­der betont wird, ist die Ange­mes­sen­heit der Auf­wen­dun­gen. Die Kos­ten müs­sen dem Grun­de und der Höhe nach ange­mes­sen sein. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt hat­te die aner­kann­ten Auf­wen­dun­gen um eine Haus­halts­er­spar­nis gekürzt, um auf die­sem Weg den Teil der Kos­ten zu berück­sich­ti­gen, der der nor­ma­len Lebens­füh­rung zuzu­rech­nen ist und somit nicht als Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen in Betracht kommt. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat die­se Kür­zung nicht nur gebil­ligt, son­dern auch für kor­rekt erach­tet, da die Haus­halts­er­spar­nis den regu­lä­ren Lebens­hal­tungs­kos­ten ent­spricht, die dem Ehe­paar auch ohne die pfle­ge­be­ding­te Unter­brin­gung ent­stan­den wären.

Zusam­men­fas­send haben die Rich­ter des Bun­des­fi­nanz­ho­fes in ihrem Urteil deut­lich gemacht, dass Auf­wen­dun­gen für die krank­heits- oder pfle­ge­be­ding­te Unter­brin­gung auch in alter­na­ti­ven Wohn­for­men wie einer selbst­ver­ant­wor­te­ten Wohn­ge­mein­schaft als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen steu­er­lich abzieh­bar sind, sofern sie zwangs­läu­fig, außer­ge­wöhn­lich und ange­mes­sen sind.

Die­se über­aus erfreu­li­che Ent­schei­dung ist ein wich­ti­ger Schritt in der Recht­spre­chung zur steu­er­li­chen Behand­lung von Pfle­ge­kos­ten und zeigt, dass der Bun­des­fi­nanz­hof bei der Beur­tei­lung außer­ge­wöhn­li­cher Belas­tun­gen nicht nur klas­si­sche Pfle­ge­hei­me berück­sich­tigt, son­dern auch moder­ne, gemein­schaft­li­che Wohn­for­men, wie sie wahr­schein­lich in der Zukunft auch noch häu­fi­ger vor­kom­men wer­den. Die­se Ent­wick­lung ist vor allem vor dem Hin­ter­grund einer sich wan­deln­den Pfle­ge­kul­tur in Deutsch­land von enor­mer Bedeu­tung, da immer mehr Men­schen alter­na­ti­ve Wohn- und Betreu­ungs­for­men wählen.

nach oben

2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei sogenannten Luxusimmobilien

Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.6.2023 behan­delt unter dem Akten­zei­chen IX R 17/21 eine steu­er­recht­li­che Fra­ge­stel­lung im Bereich der Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Es geht kon­kret dar­um, unter wel­chen Umstän­den bei der Ver­mie­tung von Immo­bi­li­en mit einer Wohn­flä­che von mehr als 250 Qua­drat­me­tern eine soge­nann­te Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht ange­nom­men wer­den kann. Die­se Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht ist ent­schei­dend dafür, ob Ver­lus­te aus der Ver­mie­tung steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Die Ent­schei­dung ist dabei für Pra­xis des­halb von gro­ßer Bedeu­tung, weil die Recht­spre­chung nun Aus­nah­men von den eigent­lich grund­sätz­li­chen Leit­li­ni­en fest etabliert.

Grund­sätz­lich geht das Steu­er­recht bei einer lang­fris­ti­gen Ver­mie­tung von Immo­bi­li­en davon aus, dass der Ver­mie­ter die Absicht hat, Ein­künf­te zu erzie­len, also Gewin­ne zu machen. Dies gilt auch dann, wenn in den ers­ten Jah­ren Ver­lus­te anfal­len, bei­spiels­wei­se durch hohe Abschrei­bun­gen oder Zins­auf­wen­dun­gen. Die Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht wird als typi­sie­rend und grund­sätz­lich bei einer auf Dau­er ange­leg­ten Wohn­raum­ver­mie­tung immer erst ein­mal ange­nom­men und unter­stellt. Die­se Annah­me ist für den Steu­er­pflich­ti­gen vor­teil­haft, da er die Ver­lus­te mit ande­ren Ein­künf­ten ver­rech­nen kann und so sei­ne Steu­er­last min­dert. Aller­dings gibt es Aus­nah­men, ins­be­son­de­re bei Immo­bi­li­en, die auf­grund ihrer Grö­ße oder beson­de­ren Aus­stat­tung eine unge­wöhn­lich hohe Wohn­qua­li­tät bie­ten. In sol­chen Fäl­len ist eine genaue­re Über­prü­fung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht erfor­der­lich, um sicher­zu­stel­len, dass die Ver­mie­tung tat­säch­lich auf Gewinn­erzie­lung und nicht auf pri­va­te Moti­ve, wie z.B. die Unter­stüt­zung von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen, abzielt.

In dem vor­lie­gen­den Fall ging es nun um ein Ehe­paar, das in den Jah­ren 2011 bis 2014 drei gro­ße Ein­fa­mi­li­en­häu­ser ver­mie­te­te, deren Wohn­flä­chen jeweils über 250 Qua­drat­me­ter lagen. Die Immo­bi­li­en wur­den voll­stän­dig fremd­fi­nan­ziert und (dies ist durch­aus auch von ent­schei­den­der Bedeu­tung) an die Kin­der des Ehe­paars ver­mie­tet, wobei die Miet­ver­trä­ge unbe­fris­tet abge­schlos­sen wur­den. Die Mie­ten lagen bei mehr als 66 % der orts­üb­li­chen Ver­gleichs­mie­te, was grund­sätz­lich gemäß der Rege­lung in § 21 Abs. 2 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) dann als voll­ent­gelt­li­che Ver­mie­tung gewer­tet wird.

Das Finanz­amt erkann­te zunächst die von den Klä­gern gel­tend gemach­ten Ver­lus­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung an. Nach einer Außen­prü­fung änder­te es jedoch sei­ne Auf­fas­sung und ver­sag­te die steu­er­li­che Aner­ken­nung der Ver­lus­te. Die Finanz­be­am­ten argu­men­tier­ten, dass auf­grund der gro­ßen Wohn­flä­chen der Objek­te eine Über­prü­fung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht zwin­gend erfor­der­lich ist, da bei sol­chen Objek­ten die lang­fris­ti­ge Gewinn­erzie­lung ent­ge­gen dem Grund­satz immer infra­ge stehe.

Dem­ge­gen­über wand­ten die Klä­ger ein, dass die Ver­mie­tung zu über 66 % der orts­üb­li­chen Mie­te erfolgt und damit nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG eine Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht zu unter­stel­len ist. Die Steu­er­pflich­ti­gen ver­wie­sen dar­auf, dass die ver­ein­bar­ten Mie­ten markt­üb­lich sind und die Ver­mie­tung daher voll­ent­gelt­lich erfolg­te. Sie argu­men­tier­ten wei­ter, dass das blo­ße Über­schrei­ten der 250-Qua­drat­me­ter-Gren­ze nicht aus­rei­che, um die typi­sier­te Annah­me der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht infra­ge zu stel­len. Zudem müs­se ihnen die Mög­lich­keit ein­ge­räumt wer­den, durch eine Total­über­schuss­pro­gno­se nach­zu­wei­sen, dass die Ver­mie­tung lang­fris­tig Gewin­ne abwer­fen kann.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg folg­te jedoch der Argu­men­ta­ti­on des Finanz­amts und ver­nein­te die Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht. Es führ­te aus, dass bei Immo­bi­li­en mit mehr als 250 Qua­drat­me­tern Wohn­flä­che eine sol­che Annah­me nicht auto­ma­tisch gege­ben sein kann. Das Gericht ver­wies dar­auf, dass die orts­üb­li­che Mie­te bei beson­ders gro­ßen oder luxu­ri­ös aus­ge­stat­te­ten Objek­ten häu­fig nicht den tat­säch­li­chen Wohn­wert wider­spie­ge­le. In sol­chen Fäl­len sei eine Total­über­schuss­pro­gno­se not­wen­dig, um zu prü­fen, ob die Ver­mie­tung tat­säch­lich mit einer Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht erfolgt.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hob das Urteil des Finanz­ge­richts zwar auf und ver­wies den Fall zur erneu­ten Ver­hand­lung zurück. Er bestä­tig­te aller­dings auch direkt, dass bei Immo­bi­li­en mit mehr als 250 Qua­drat­me­tern Wohn­flä­che eine Über­prü­fung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht erfor­der­lich ist. Die Zurück­ver­wei­sung fand ledig­lich des­halb statt, weil die vom erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richt getrof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht aus­rei­chen, um die Fra­ge aus Sicht der obers­ten Rich­ter abschlie­ßend und beur­tei­len und zu klären.

Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te inso­weit klar, dass die Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht eine sub­jek­ti­ve Absicht des Steu­er­pflich­ti­gen dar­stellt, auf die pro­gnos­ti­zier­te Dau­er der Nut­zung einen Über­schuss der Ein­nah­men über die Wer­bungs­kos­ten zu erzie­len. Die­se Absicht wird bei einer auf Dau­er ange­leg­ten Ver­mie­tungs­tä­tig­keit grund­sätz­lich ange­nom­men, was der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, bei­spiels­wei­se durch Urteil vom 06.10.2004 unter dem Akten­zei­chen IX R 30/03, entspricht.

Der Bun­des­fi­nanz­hof erläu­ter­te, dass die 250-Qua­drat­me­ter-Gren­ze aus der Recht­spre­chung ent­wi­ckelt wur­de und dar­auf basiert, dass für sol­che gro­ßen Objek­te oft kei­ne aus­sa­ge­kräf­ti­gen Miet­spie­gel exis­tie­ren. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in der bereits genann­ten Ent­schei­dung vom 06.10.2004. Die Aus­nah­me von der typi­sier­ten Annah­me der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht bei sol­chen Objek­ten ist kei­ne unwi­der­leg­ba­re Ver­mu­tung, son­dern erfor­dert eine detail­lier­te Prü­fung im Einzelfall.

Wei­ter­hin stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof fest, dass die Neu­re­ge­lung in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG durch das Steu­er­ver­ein­fa­chungs­ge­setz 2011 die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zur Über­prü­fung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht nicht außer Kraft setzt. Die­se Rege­lung betrifft ledig­lich die Fra­ge, ob eine Ver­mie­tung als voll­ent­gelt­lich zu behan­deln ist, wenn die Mie­te min­des­tens 66 % der orts­üb­li­chen Mie­te beträgt. Die sub­jek­ti­ve Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht bleibt davon aber unbe­rührt und ist wei­ter­hin zu prü­fen, ins­be­son­de­re in den Fäl­len, in denen eine Aus­nah­me von der typi­sier­ten Annah­me vor­liegt, wie bei Objek­ten mit mehr als 250 Qua­drat­me­tern Wohn­flä­che. Inso­weit ver­wie­sen die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik auf eine Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 17.04.2018 unter dem Akten­zei­chen IX R 9/17.

Im vor­lie­gen­den Fall bemän­gel­te der Bun­des­fi­nanz­hof kon­kret, dass das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt bei sei­ner Über­prü­fung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht nicht alle rele­van­ten Fak­to­ren aus­rei­chend berück­sich­tigt habe. Ins­be­son­de­re feh­le es an einer genau­en Ana­ly­se, ob die in den Streit­jah­ren vor­ge­nom­me­nen Mietan­pas­sun­gen und Zins­än­de­run­gen bereits objek­tiv vor­her­seh­bar waren und ob die Gebäu­de­kos­ten kor­rekt in die Total­über­schuss­pro­gno­se ein­be­zo­gen wur­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof wies dar­auf hin, dass die Total­über­schuss­pro­gno­se stets aus der Sicht des jewei­li­gen Ver­an­la­gungs­zeit­raums erstellt wer­den müs­se, um eine rea­lis­ti­sche Ein­schät­zung der Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht zu ermöglichen.

Ins­ge­samt ver­deut­licht die Ent­schei­dung, dass bei der Ver­mie­tung von Immo­bi­li­en mit einer Wohn­flä­che von mehr als 250 Qua­drat­me­tern beson­de­re Anfor­de­run­gen an den Nach­weis der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht gestellt wer­den. Auch wenn die Ver­mie­tung zu mehr als 66 % der orts­üb­li­chen Mie­te erfolgt, genügt dies nicht auto­ma­tisch als Nach­weis für die Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht. Einen Auto­ma­tis­mus gibt es bei sol­chen Immo­bi­li­en an kei­ner Stel­le mehr. Eine detail­lier­te Total­über­schuss­pro­gno­se ist erfor­der­lich, um die steu­er­li­che Aner­ken­nung von Ver­lus­ten sicher­zu­stel­len. Die­se Pro­gno­se muss alle rele­van­ten Fak­to­ren, ein­schließ­lich Mietan­pas­sun­gen und Finan­zie­rungs­kos­ten, berück­sich­ti­gen und auf einer rea­lis­ti­schen Ein­schät­zung der zukünf­ti­gen Ein­nah­men und Aus­ga­ben basieren.

nach oben

3. Für alle Steuerpflichtigen: Doppelte Haushaltsführung in einem sog. Wegverlegungsfall

In einem Urteil des Finanz­ge­richts Köln vom 22. Juni 2023 unter dem Akten­zei­chen 11 K 3123/18 ging es um die steu­er­li­che Aner­ken­nung einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung in einem soge­nann­ten Weg­ver­le­gungs­fall. Im Kern dreht sich der Streit­fall um die Fra­ge, ob die Klä­ge­rin einen eige­nen Haus­stand an ihrem Lebens­mit­tel­punkt in H unter­hal­ten hat und ob daher die Vor­aus­set­zun­gen für eine beruf­lich ver­an­lass­te dop­pel­te Haus­halts­füh­rung erfüllt waren.

Der Sach­ver­halt ver­deut­lich die Rechts­la­ge: Die Klä­ger, ein Ehe­paar, hat­ten ihren gemein­sa­men Wohn­sitz ursprüng­lich in Y, wo auch die Klä­ge­rin beschäf­tigt war. Im Jahr 2016 erwarb die Klä­ge­rin das elter­li­che Haus in H und trug vor, dass sich ihr Lebens­mit­tel­punkt nun in H befin­de. Dem­nach mach­te sie Kos­ten für eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung gel­tend, da sie wei­ter­hin in Y arbei­te­te und dort eine Zweit­woh­nung bei­be­hielt. Die Klä­ger begrün­de­ten die Ver­la­ge­rung ihres Lebens­mit­tel­punkts nach H mit fami­liä­ren Bin­dun­gen und der Reno­vie­rung des Eltern­hau­ses. Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass durch den Erwerb des Hau­ses und die enge fami­liä­re Anbin­dung der Lebens­mit­tel­punkt nach H ver­legt wor­den sei, was die Gel­tend­ma­chung einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung rechtfertige.

Das Finanz­amt lehn­te die­se Aner­ken­nung ab, da es den Lebens­mit­tel­punkt der Klä­ge­rin wei­ter­hin in Y sah. Betrach­tet man die Argu­men­ta­ti­on des Finanz­am­tes etwas genau­er, muss man zuge­ben, dass die­se im vor­lie­gen­den Fall auch nicht von der Hand zu wei­sen ist. Ins­be­son­de­re war das All­tags­le­ben der Fami­lie, ein­schließ­lich der ärzt­li­chen Ver­sor­gung und der sozia­len Kon­tak­te der Kin­der, in Y ver­an­kert. Auch die räum­li­che Aus­stat­tung des Eltern­hau­ses in H sowie die Nut­zung des Hau­ses durch die Eltern der Klä­ge­rin spra­chen nicht für einen eige­nen Haus­stand der Klä­ge­rin in H.

Das Finanz­ge­richt schloss sich aus durch­aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes an und wies die Kla­ge ab. Es führ­te aus, dass für die steu­er­li­che Aner­ken­nung einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) ein eige­ner Haus­stand am Lebens­mit­tel­punkt und eine beruf­lich ver­an­lass­te Zweit­woh­nung am Arbeits­ort erfor­der­lich sind. Ein Haus­stand setzt das Inne­ha­ben einer Woh­nung und eine finan­zi­el­le Betei­li­gung an den Kos­ten der Lebens­füh­rung vor­aus. Auch muss sich der Lebens­mit­tel­punkt des Steu­er­pflich­ti­gen in die­ser Woh­nung befin­den, was durch eine Gesamt­wür­di­gung der Umstän­de zu ermit­teln ist. Dabei sind unter ande­rem die Dau­er und Häu­fig­keit der Auf­ent­hal­te, die Aus­stat­tung und Grö­ße der Woh­nung sowie die sozia­len Bin­dun­gen zu berücksichtigen.

Im vor­lie­gen­den Fall sah das Gericht den Lebens­mit­tel­punkt der Klä­ge­rin jedoch wei­ter­hin ein­deu­tig in Y. Die regel­mä­ßi­ge Anwe­sen­heit der Klä­ge­rin und der Kin­der in Y, die Nut­zung der ärzt­li­chen Ver­sor­gung sowie die Anmel­dung der Kin­der in Schu­le und Kin­der­gar­ten in Y deu­te­ten nach der unse­res Erach­tens nach­voll­zieh­ba­ren Mei­nung des Gerich­tes ein­deu­tig dar­auf hin, dass sich das fami­liä­re Leben haupt­säch­lich auch dort abspiel­te. Das Haus in H wur­de nach Ansicht des Gerichts ledig­lich zu Besuchs­zwe­cken genutzt. Zudem konn­te die Klä­ge­rin kei­ne aus­rei­chen­den Nach­wei­se für eine finan­zi­el­le Betei­li­gung an den Kos­ten der Lebens­füh­rung in H erbrin­gen, da das Haus haupt­säch­lich von den Eltern bewohnt wur­de und die­se die anfal­len­den Kos­ten trugen.

Die Klä­ge­rin konn­te somit weder einen eige­nen Haus­stand in H noch die Ver­la­ge­rung ihres Lebens­mit­tel­punkts dort­hin glaub­haft machen. Daher ver­nein­te das Gericht kor­rek­ter­wei­se die Vor­aus­set­zun­gen für eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung, was dazu führ­te, dass die gel­tend gemach­ten Auf­wen­dun­gen nicht steu­er­lich aner­kannt wurden.

Mit die­ser Ent­schei­dung bestä­tig­te das Finanz­ge­richt die eigent­lich schon immer bestehen­de Rechts­auf­fas­sung, dass ein blo­ßes Vor­hal­ten einer Woh­nung ohne nach­ge­wie­se­nen Lebens­mit­tel­punkt und finan­zi­el­len Bei­trag zu den Haus­halts­kos­ten nicht aus­reicht, um eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung steu­er­lich gel­tend zu machen.

nach oben

4. Für Arbeitnehmer: Erstattung von Lohnkirchensteuer an den Arbeitgeber

Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 23.08.2023 unter dem Akten­zei­chen X R 16/21 behan­delt eine steu­er­li­che Fra­ge­stel­lung, die beson­ders im Zusam­men­hang mit der Erstat­tung von Kir­chen­steu­er rele­vant ist. Die grund­sätz­li­che Fra­ge war, ob die Zah­lung einer Kir­chen­steu­er, die ein Arbeit­neh­mer sei­nem Arbeit­ge­ber im Rah­men eines Regres­ses erstat­tet, als Wer­bungs­kos­ten oder als Son­der­aus­ga­be bei der Ein­kom­men­steu­er berück­sich­tigt wer­den kann. Die­se The­ma­tik berührt nicht nur die steu­er­recht­li­che Ein­stu­fung von Aus­ga­ben, son­dern auch die Fra­ge nach dem Zusam­men­hang zwi­schen beruf­li­chen Tätig­kei­ten und pri­va­ten Steuerpflichten.

Im vor­lie­gen­den Fall wur­de ein Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, der spä­te­re Klä­ger, von sei­ner Arbeit­ge­ber-GmbH in Regress genom­men, nach­dem die GmbH auf­grund einer Lohn­steu­er­au­ßen­prü­fung für den Klä­ger Lohn- und Kir­chen­steu­er nach­zah­len muss­te. Die GmbH haf­te­te gemäß § 42d des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) als Arbeit­ge­be­rin für die nicht abge­führ­te Steu­er. Der Klä­ger erstat­te­te der GmbH dar­auf­hin die Kir­chen­steu­er und mach­te die­se Zah­lung in sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung als Son­der­aus­ga­be geltend.

Das Finanz­amt lehn­te dies ab und argu­men­tier­te, dass die Zah­lung nicht als Son­der­aus­ga­be abzugs­fä­hig sei, da der Klä­ger nicht auf sei­ne eige­ne Kir­chen­steu­er­schuld, son­dern ledig­lich im Rah­men eines zivil­recht­li­chen Regres­ses gezahlt habe. Auch das Finanz­ge­richt Müns­ter wies die Kla­ge des Klä­gers ab und stell­te fest, dass die Erstat­tung der Kir­chen­steu­er nicht auf einer eige­nen Steu­er­schuld des Klä­gers, son­dern auf der Haf­tung der GmbH beruhte.

Der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schied zuguns­ten des Klä­gers und hob das Urteil des Finanz­ge­richts Müns­ter auf. Er stell­te klar, dass die vom Klä­ger an die GmbH gezahl­te Kir­chen­steu­er als Son­der­aus­ga­be nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzugs­fä­hig ist. Die­se Zah­lung sei auf die per­sön­li­che Kir­chen­steu­er­schuld des Klä­gers erfolgt, auch wenn sie im Rah­men eines Regres­ses an den Arbeit­ge­ber geleis­tet wurde.

Der Bun­des­fi­nanz­hof führ­te aus, dass die Erstat­tung der Kir­chen­steu­er durch den Klä­ger an die GmbH nicht als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit abzieh­bar ist. Wer­bungs­kos­ten set­zen einen objek­ti­ven Zusam­men­hang mit der beruf­li­chen Tätig­keit vor­aus, der hier nicht gege­ben sei, da die Zah­lung auf einem zivil­recht­li­chen Anspruch basie­re und nicht direkt durch die beruf­li­che Tätig­keit des Klä­gers ver­ur­sacht wurde.

Jedoch kann die Erstat­tung als Son­der­aus­ga­be abge­zo­gen wer­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof begrün­de­te dies damit, dass es sich bei der Erstat­tung an den Arbeit­ge­ber um eine Zah­lung auf die eige­ne Kir­chen­steu­er­schuld des Klä­gers han­delt. Die GmbH hat­te die Steu­er im Vor­griff auf eine Nach­for­de­rung abge­führt, die den Klä­ger als Steu­er­schuld­ner belas­te­te. Somit han­del­te es sich bei der Erstat­tung durch den Klä­ger an die GmbH um eine Zah­lung auf sei­ne per­sön­li­che Steu­er­schuld, was den Abzug als Son­der­aus­ga­be rechtfertigt.

Wich­tig für die Ein­ord­nung als Son­der­aus­ga­be ist der Umstand, dass die Erstat­tung der Kir­chen­steu­er durch den Klä­ger nicht als Dritt­auf­wand gewer­tet wur­de. Der Bun­des­fi­nanz­hof beton­te, dass die Zah­lung durch den Arbeit­ge­ber im Wege des Steu­er­ab­zugs und die anschlie­ßen­de Erstat­tung durch den Arbeit­neh­mer als Teil des Lohn­steu­er­ver­fah­rens anzu­se­hen sei. Der Klä­ger wur­de durch die­se Zah­lung wirt­schaft­lich belas­tet und war recht­lich ver­pflich­tet, die Steu­er­schuld zu beglei­chen, was ihn zum Abzug berechtigte.

nach oben

5. Für Erben: Kapitalertragsteuer leider keine Nachlassverbindlichkeit

Das Urteil des Finanz­ge­richts Müns­ter vom 2.11.2023 unter dem Akten­zei­chen 3 K 2755/22 Erb befasst sich mit einer kom­ple­xen steu­er­recht­li­chen Fra­ge­stel­lung im Bereich der Erb­schaft­steu­er. Kon­kret geht es dar­um, ob Kapi­tal­ertrag­steu­er, die auf eine Gewinn­aus­schüt­tung anfällt, als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzieh­bar ist. Im vor­lie­gen­den Fall erb­te der Klä­ger nach dem Tod sei­nes Vaters Antei­le an einer GmbH. Noch zu Leb­zei­ten des Vaters beschloss die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung der GmbH eine Aus­schüt­tung, die jedoch erst nach des­sen Tod erfolg­te. Bei der Aus­zah­lung wur­de die Kapi­tal­ertrag­steu­er nebst Soli­da­ri­täts­zu­schlag ein­be­hal­ten. In der Erb­schaft­steu­er­erklä­rung mach­te der Klä­ger gel­tend, dass die­se ein­be­hal­te­nen Steu­ern als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten zu berück­sich­ti­gen sei­en. Das Finanz­amt folg­te die­ser Auf­fas­sung jedoch nicht und setz­te den Nenn­wert der Aus­schüt­tung ohne Abzug der Kapi­tal­ertrag­steu­er fest.

Dage­gen rich­te­te der Steu­er­pflich­ti­ge sei­ne Kla­ge. Er argu­men­tier­te, dass die Kapi­tal­ertrag­steu­er den Wert der Aus­schüt­tungs­for­de­rung min­de­re und somit die tat­säch­li­che Berei­che­rung redu­ziert wird. Er ver­wies dar­auf, dass die Steu­er­schuld zwar erst nach dem Tod des Vaters for­mal ent­stan­den sei, ihre Ent­ste­hung jedoch bereits sicher und kon­kret abseh­bar gewe­sen sei. Dem­nach sei die Kapi­tal­ertrag­steu­er als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzugs­fä­hig, da sie in direk­tem Zusam­men­hang mit dem Erwerb des Ver­mächt­nis­ses steht.

Das Finanz­amt hin­ge­gen ver­trat die Ansicht, dass die Kapi­tal­ertrag­steu­er kei­ne Nach­lass­ver­bind­lich­keit dar­stellt. Es führ­te an, dass die Steu­er nicht auf den Erb­las­ser, son­dern auf den Erben ent­fal­le, da der steu­er­lich rele­van­te Zufluss der Aus­schüt­tung erst nach dem Tod des Erb­las­sers erfolgt sei. Nach der ein­schlä­gi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs mit Urteil vom 17.2.2010 unter dem Akten­zei­chen II R 23/09 min­dert die Kapi­tal­ertrag­steu­er nicht den Wert der For­de­rung, da es sich ledig­lich um eine Form der Ein­kom­men­steu­er­vor­aus­zah­lung han­de­le, die erst beim Erben anfällt.

Das Finanz­ge­richt Müns­ter schloss sich daher der Auf­fas­sung des Finanz­amts an und wies die Kla­ge ab. Das Gericht stell­te klar, dass die Erb­schaft­steu­er die Berei­che­rung des Erben besteue­re, die sich nach dem Wert des gesam­ten Ver­mö­gens­an­falls abzüg­lich der abzugs­fä­hi­gen Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten bestim­me. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) könn­ten Steu­er­schul­den nur dann als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten abge­zo­gen wer­den, wenn sie aus Ver­bind­lich­kei­ten des Erb­las­sers resul­tier­ten, die die­ser zu Leb­zei­ten in eige­ner Per­son begrün­det habe.

Im vor­lie­gen­den Fall sei der steu­er­lich rele­van­te Tat­be­stand, näm­lich der Zufluss der Aus­schüt­tung, jedoch erst nach dem Tod des Erb­las­sers ver­wirk­licht wor­den. Die Kapi­tal­ertrag­steu­er ist daher eine Steu­er­schuld des Erben und nicht des Erb­las­sers, wes­halb sie nicht als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzugs­fä­hig sein kann. Das Gericht führ­te wei­ter aus, dass die Dop­pel­be­steue­rung durch Erb­schaft- und Ein­kom­men­steu­er ver­fas­sungs­recht­lich unbe­denk­lich ist, da es sich um unter­schied­li­che steu­er­li­che Tat­be­stän­de han­de­le. Die­se Ein­schät­zung ent­spricht auch der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts im Nicht­an­nah­me­be­schluss vom 7.4.2015 unter dem Akten­zei­chen 1 BvR 1432/10.

In der Fol­ge wur­de die Kla­ge des Erben abge­wie­sen, und die Erb­schaft­steu­er wur­de auf der Grund­la­ge des vol­len Nenn­werts der Aus­schüt­tung ohne Abzug der ein­be­hal­te­nen Kapi­tal­ertrag­steu­er fest­ge­setzt. Auch wenn man in der ers­ten Reak­ti­on das Gefühl hat, dass nun Erb­schaft­steu­er erho­ben wird, obwohl der Steu­er­pflich­ti­ge inso­weit nicht berei­chert ist, stellt sich die­ses Gefühl als falsch her­aus. Im End­ef­fekt wird man der Argu­men­ta­ti­on von Finanz­amt und Finanz­ge­richt zustim­men müssen.

nach oben

6. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Zuschlägen für Sonntags‑, Feiertags- oder Nachtarbeit

Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.8.2023 unter dem Akten­zei­chen VI R 11/21 befasst sich mit der Fra­ge­stel­lung zur Berech­nung des Grund­lohns für die Bemes­sung der Steu­er­frei­heit von Zuschlä­gen für Sonntags‑, Fei­er­tags- und Nacht­ar­beit. Die­se Fra­ge ist von erheb­li­cher Bedeu­tung, da Zuschlä­ge für Arbeit zu die­sen beson­de­ren Zei­ten nach § 3b des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) steu­er­frei sind, sofern bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Der Grund­lohn bil­det dabei die Bemes­sungs­grund­la­ge, und es stellt sich die Fra­ge, wel­che Lohn­be­stand­tei­le in die­sen Grund­lohn ein­zu­be­zie­hen sind.

Im kon­kre­ten Sach­ver­halt gewähr­te die Klä­ge­rin, ein Unter­neh­men, ihren Arbeit­neh­mern in den Jah­ren 2012 bis 2015 steu­er­freie Zuschlä­ge für Arbeit an Sonn- und Fei­er­ta­gen sowie für Nacht­ar­beit. Bei der Berech­nung des Grund­lohns, der nach § 3b Abs. 2 EStG maß­geb­lich für die Steu­er­frei­heit die­ser Zuschlä­ge ist, berück­sich­tig­te die Klä­ge­rin auch Bei­trä­ge, die sie auf­grund einer Gehalts­um­wand­lung an eine zuguns­ten der Arbeit­neh­mer ein­ge­rich­te­te Unter­stüt­zungs­kas­se ent­rich­te­te. Die­se Kas­se dien­te der Alters- und Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung der Arbeit­neh­mer. Aller­dings ver­mit­tel­ten weder die Leis­tungs­zu­sa­ge der Klä­ge­rin noch der Leis­tungs­plan der Unter­stüt­zungs­kas­se den Arbeit­neh­mern einen eige­nen Anspruch gegen­über der Kasse.

Das Finanz­amt, wel­ches eine Lohn­steu­er-Außen­prü­fung bei der Klä­ge­rin durch­führ­te, ver­trat die Ansicht, dass die Bei­trä­ge an die Unter­stüt­zungs­kas­se nicht zum Grund­lohn im Sin­ne von § 3b Abs. 2 EStG gehö­ren. Grund­lohn sei der lau­fen­de Arbeits­lohn, und die­ser umfas­se ledig­lich das tat­säch­lich zuge­flos­se­ne Arbeits­ent­gelt, nicht jedoch das arbeits­ver­trag­lich geschul­de­te Ent­gelt. Da die Bei­trä­ge an die Unter­stüt­zungs­kas­se den Arbeit­neh­mern kei­nen eige­nen Anspruch auf Ver­sor­gungs­leis­tun­gen ver­mit­tel­ten und somit kein tat­säch­li­cher Zufluss an die Arbeit­neh­mer erfolg­te, sah das Finanz­amt die­se Bei­trä­ge nicht als Bestand­teil des lau­fen­den Arbeits­lohns an. Folg­lich min­der­te es die als steu­er­frei behan­del­ten Zuschlä­ge ent­spre­chend und erließ einen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid.

Die Klä­ge­rin leg­te nach einem erfolg­lo­sen Ein­spruch gegen die­sen Bescheid Kla­ge beim Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg ein. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt ent­schied jedoch im Urteil vom 19.4.20221 unter dem Akten­zei­chen 10 K 1865/20 zuguns­ten des Finanz­amts und wies die Kla­ge ab. In sei­ner Begrün­dung folg­te das Gericht der Auf­fas­sung des Finanz­amts, dass der Grund­lohn nach § 3b Abs. 2 EStG nur das tat­säch­lich aus­ge­zahl­te Arbeits­ent­gelt umfasst und die Bei­trä­ge an die Unter­stüt­zungs­kas­se somit nicht ein­zu­be­zie­hen sind.

Die Klä­ge­rin ließ die­se Ent­schei­dung erfreu­li­cher­wei­se nicht auf sich beru­hen und leg­te Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein. Sie rüg­te eine Ver­let­zung mate­ri­el­len Rechts und argu­men­tier­te, dass die Bei­trä­ge an die Unter­stüt­zungs­kas­se sehr wohl Bestand­teil des Grund­lohns sein müss­ten, da sie auf einer arbeits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung basier­ten und somit dem Arbeit­neh­mer arbeits­recht­lich zustanden.

Der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schied tat­säch­lich zuguns­ten der Klä­ge­rin und hob das Urteil des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts Baden-Würt­tem­berg auf. Er stell­te klar, dass der Grund­lohn im Sin­ne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG der lau­fen­de Arbeits­lohn ist, der dem Arbeit­neh­mer bei der für ihn maß­ge­ben­den regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit für den jewei­li­gen Lohn­zah­lungs­zeit­raum arbeits­ver­trag­lich zusteht. Es ist dabei uner­heb­lich, ob und in wel­chem Umfang der Grund­lohn tat­säch­lich an den Arbeit­neh­mer aus­ge­zahlt wird. Die obers­ten Finanz­rich­ter beton­ten, dass der Wort­laut des Geset­zes ein­deu­tig ist: Maß­geb­lich ist, was dem Arbeit­neh­mer zusteht, nicht das, was ihm tat­säch­lich zufließt. Die­se Aus­le­gung folgt dem Zweck der Vor­schrift, dem Arbeit­neh­mer einen finan­zi­el­len Aus­gleich für die beson­de­ren Erschwer­nis­se durch Arbeit zu ungüns­ti­gen Zei­ten zu gewäh­ren. Die­ser Aus­gleich kön­ne nur dann effek­tiv und trans­pa­rent erfol­gen, wenn die Steu­er­frei­heit der Zuschlä­ge nach dem ver­ein­bar­ten, arbeits­ver­trag­lich geschul­de­ten Grund­lohn bemes­sen wird und nicht nach dem tat­säch­lich aus­ge­zahl­ten Lohn.

Zur Begrün­dung sei­ner Ent­schei­dung führ­te der Bun­des­fi­nanz­hof wei­ter aus, dass sich aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift nichts Gegen­tei­li­ges erge­be. Bereits die Vor­gän­ger­re­ge­lung habe den Begriff »zuste­hen« ver­wen­det, und auch in spä­te­ren Fas­sun­gen des § 3b EStG sei die­ser Wort­laut bei­be­hal­ten wor­den. Die Gesetz­ge­bungs­ge­schich­te zei­ge somit, dass kei­ne Ände­rung hin­sicht­lich des Begriffs »Grund­lohn« beab­sich­tigt war, die auf das tat­säch­lich aus­ge­zahl­te Ent­gelt abstel­len würde.

Auch die Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs hat immer den lau­fen­den Arbeits­lohn von sons­ti­gen Bezü­gen abge­grenzt und dabei klar­ge­stellt, dass lau­fen­der Arbeits­lohn das regel­mä­ßig zuflie­ßen­de Ent­gelt ist. Die­se Recht­spre­chung recht­fer­tigt jedoch nicht die Schluss­fol­ge­rung, dass der Grund­lohn nach § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG nach dem tat­säch­lich zuge­flos­se­nen Ent­gelt zu bemes­sen ist. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te inso­weit klar, dass die­se Abgren­zung nur für die Unter­schei­dung zwi­schen lau­fen­dem Arbeits­lohn und sons­ti­gen Bezü­gen rele­vant ist, nicht aber für die Bestim­mung des Grund­lohns im Sin­ne des § 3b EStG. Ent­schei­dend ist viel­mehr die Regel­mä­ßig­keit der Zah­lun­gen, unab­hän­gig vom tat­säch­li­chen Zufluss.

Des Wei­te­ren beton­te der Bun­des­fi­nanz­hof, dass auch die Finanz­ver­wal­tung in Richt­li­nie 3b der Lohn­steu­er-Richt­li­ni­en (LStR) davon aus­geht, dass bei der Ermitt­lung des Grund­lohns auf den arbeits­ver­trag­lich geschul­de­ten und nicht auf den zuge­flos­se­nen Lohn abzu­stel­len ist. Dies zeigt sich zum Bei­spiel dar­an, dass die Finanz­be­hör­den den Begriff des »Basis­grund­lohns« nach dem ver­ein­bar­ten Lohn für den jewei­li­gen Zah­lungs­zeit­raum bestimmen.

Auf Grund­la­ge die­ser Über­le­gun­gen ent­schied der Bun­des­fi­nanz­hof, dass die Bei­trä­ge der Klä­ge­rin an die Unter­stüt­zungs­kas­se in den Grund­lohn ein­zu­be­zie­hen sind. Die Klä­ge­rin hat­te die Bei­trä­ge lau­fend geleis­tet, und die­se stan­den den Arbeit­neh­mern auf­grund einer arbeits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung zu. Somit sind die von der Klä­ge­rin gewähr­ten Zuschlä­ge für Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit in der gel­tend gemach­ten Höhe steuerfrei.

Die­se Ent­schei­dung ist im Ergeb­nis für Arbeit­ge­ber von gro­ßer Bedeu­tung, da sie die Berech­nung der Steu­er­frei­heit von Zuschlä­gen beein­flusst und mög­li­che Risi­ken bei der Lohn­steu­er­ver­an­la­gung minimiert.

nach oben

7. Für Eltern: Per E‑Mail gestellter Kindergeldantrag formwirksam

Im deut­schen Steu­er­recht spielt das Kin­der­geld eine zen­tra­le Rol­le, um Fami­li­en finan­zi­ell zu ent­las­ten und das Exis­tenz­mi­ni­mum der Kin­der steu­er­frei zu stel­len. Die Bean­tra­gung von Kin­der­geld ist dabei an bestimm­te for­ma­le Vor­aus­set­zun­gen geknüpft. Ins­be­son­de­re stellt sich immer wie­der die Fra­ge, wel­che Anfor­de­run­gen an die Form eines Kin­der­geld­an­trags selbst zu stel­len sind, um eine rück­wir­ken­de Aus­zah­lung zu gewähr­leis­ten. Die­se Fra­ge ist auch im vor­lie­gen­den Fall von gro­ßer Bedeu­tung, in dem der Bun­des­fi­nanz­hof am 12.10.2023 unter dem Akten­zei­chen III R 38/21 eine Ent­schei­dung getrof­fen hat.

Im kon­kre­ten Streit­fall hat­te die Klä­ge­rin im Juli 2019 per E‑Mail bei der Fami­li­en­kas­se Kin­der­geld bean­tragt, nach­dem die Zah­lun­gen für ihre Kin­der ab Mai 2018 ein­ge­stellt wor­den waren. In ihrer E‑Mail gab sie alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen an, wie ihren Namen, ihre Adres­se und die Kin­der­geld­num­mer. Die Fami­li­en­kas­se lehn­te jedoch den Antrag ab und ver­lang­te eine for­mel­le Antrag­stel­lung, da sie der Ansicht war, dass eine ein­fa­che E‑Mail nicht aus­rei­che, um die gesetz­lich gefor­der­te Schrift­form zu erfül­len. Sie argu­men­tier­te, dass gemäß § 87a Abs. 3 der Abga­ben­ord­nung (AO) bei einer elek­tro­ni­schen Antrag­stel­lung eine qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur erfor­der­lich ist. Da die­se Signa­tur fehl­te, betrach­te­te die Fami­li­en­kas­se den Antrag erst ab dem Datum als wirk­sam gestellt, an dem die Klä­ge­rin das aus­ge­füll­te und unter­schrie­be­ne For­mu­lar per E‑Mail im Novem­ber 2019 nach­reich­te. Daher gewähr­te sie das Kin­der­geld nur für den Zeit­raum ab Mai 2019, denn vor dem 18.7.2019 war der Anspruch auf Kin­der­geld und nach dem 18.7.2019 der Anspruch auf Aus­zah­lung des Kin­der­gelds auf die letz­ten sechs Kalen­der­mo­na­te vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kin­der­geld ein­ge­gan­gen ist, begrenzt

Die Klä­ge­rin war jedoch der Ansicht, dass bereits ihre ers­te E‑Mail vom Juli 2019 einen form­wirk­sa­men Antrag dar­stell­te und leg­te Ein­spruch ein. Da die Fami­li­en­kas­se den Ein­spruch wie erwar­tet ablehn­te, zog sie vor das zustän­di­ge Finanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz. Das Gericht ent­schied mit Urteil vom 6.7.2021 unter dem Akten­zei­chen 5 K 1714/20 zuguns­ten der Klä­ge­rin und ver­pflich­te­te die Fami­li­en­kas­se, das Kin­der­geld auch für den Zeit­raum von Mai 2018 bis April 2019 nach­zu­zah­len. Es befand, dass die E‑Mail vom 16.07.2019 alle not­wen­di­gen Anga­ben ent­hielt und somit die Anfor­de­run­gen an einen wirk­sa­men Kin­der­geld­an­trag erfüll­te. Ent­schei­dend war für das Gericht, dass der Zugang zum Kin­der­geld nicht durch über­mä­ßi­ge Form­vor­schrif­ten erschwert wer­den darf.

Die Fami­li­en­kas­se poch­te jedoch auf ihre For­ma­li­en und akzep­tier­te die­ses Urteil nicht, son­dern leg­te Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein. Die Beam­ten argu­men­tier­ten, dass das Finanz­ge­richt die recht­li­chen Anfor­de­run­gen an die Schrift­form ver­kannt habe. Ein Kin­der­geld­an­trag müs­se schrift­lich erfol­gen, was eine qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur erfor­de­re, wenn er per E‑Mail gestellt wird. Ohne die­se Signa­tur kön­ne die E‑Mail vom Juli 2019 nicht als form­wirk­sa­mer Antrag ange­se­hen wer­den, wes­halb das Kin­der­geld erst ab Novem­ber 2019 rück­wir­kend gewährt wer­den könne.

Der Bun­des­fi­nanz­hof bestä­tig­te jedoch erfreu­li­cher­wei­se die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts weit­ge­hend und erteil­te der for­ma­lis­ti­schen Beam­ten­mei­nung eine Absa­ge. Die obers­ten Finanz­rich­ter ent­schie­den näm­lich, dass ein Kin­der­geld­an­trag auch dann form­wirk­sam ist, wenn er per ein­fa­cher E‑Mail ohne qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur gestellt wird, solan­ge alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen wie Name, Adres­se und die Höhe des begehr­ten Kin­der­gel­des ent­hal­ten sind.

Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te wei­ter­ge­hend klar, dass das Gesetz kei­ne Unter­schrift for­dert, um die Schrift­form zu erfül­len, und dass der Zugang zum Kin­der­geld mög­lichst nie­der­schwel­lig gehal­ten wer­den muss, um dem För­der­zweck der Fami­li­en­po­li­tik gerecht zu wer­den. Das obers­te Gericht ver­wies aus­drück­lich dar­auf, dass der Begriff »schrift­lich« in § 67 Satz 1 Ein­kom­men­steu­er­ge­setz nicht zwangs­läu­fig eine Unter­schrift vor­aus­setzt, son­dern viel­mehr sicher­stel­len soll, dass der Antrag doku­men­tiert und über­prüf­bar ist.

Folg­lich resul­tier­te auch die Ent­schei­dung, dass die rück­wir­ken­de Gewäh­rung des Kin­der­gel­des nicht durch die Sechs-Monats-Frist des § 70 Abs. 1 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) in der neu­en Fas­sung beschränkt ist, da der Antrag bereits vor dem 18.07.2019 gestellt wor­den ist. Somit ist das Kin­der­geld für den Zeit­raum von Mai 2018 bis April 2019 aus­zu­zah­len. Im Ergeb­nis mal ein wirk­li­cher Bei­trag zum Bürokratieabbau.

nach oben

8. Für GmbHs: Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen

Eine Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­berg vom 25.5.2023 unter dem Akten­zei­chen 3 K 1694/19 muss­te sich mit der Rege­lung in § 15 Abs. 4 Sät­ze 6 bis 8 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) beschäf­tig­ten. Danach gilt: Ver­lus­te aus stil­len Gesell­schaf­ten, Unter­be­tei­li­gun­gen oder sons­ti­gen Innen­ge­sell­schaf­ten an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten, bei denen der Gesell­schaf­ter oder Betei­lig­te als Mit­un­ter­neh­mer anzu­se­hen ist, dür­fen weder mit Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb noch aus ande­ren Ein­kunfts­ar­ten aus­ge­gli­chen wer­den. Sie dür­fen auch nicht nach § 10d abge­zo­gen wer­den. Die Ver­lus­te min­dern jedoch nach Maß­ga­be des § 10d die Gewin­ne, die der Gesell­schaf­ter oder Betei­lig­te in dem unmit­tel­bar vor­an­ge­gan­ge­nen Wirt­schafts­jahr oder in den fol­gen­den Wirt­schafts­jah­ren aus der­sel­ben stil­len Gesell­schaft, Unter­be­tei­li­gung oder sons­ti­gen Innen­ge­sell­schaft bezieht.

Im kon­kre­ten Streit­fall, der vor dem Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg ver­han­delt wur­de, klag­te eine GmbH, die sich als aty­pisch stil­le Gesell­schaf­te­rin an einer ande­ren GmbH betei­ligt hat­te. Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass die in § 15 Abs. 4 Sät­ze 6 bis 8 EStG gere­gel­te Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung ver­fas­sungs­wid­rig sei, da sie den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz aus Art. 3 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) ver­let­ze. Sie brach­te vor, dass die Rege­lung eine unzu­läs­si­ge Ungleich­be­hand­lung zwi­schen Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten und natür­li­chen Per­so­nen dar­stel­le, die eben­falls als stil­le Gesell­schaf­ter auf­tre­ten könn­ten, aber nicht den­sel­ben Beschrän­kun­gen unterlägen.

Das beklag­te Finanz­amt hin­ge­gen ver­trat die Auf­fas­sung, dass die Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung not­wen­dig sei, um miss­bräuch­li­che Gestal­tun­gen zu ver­hin­dern und dass die gesetz­li­che Rege­lung durch die Befug­nis des Gesetz­ge­bers zur Typi­sie­rung gedeckt sei. Es wur­de betont, dass der Gesetz­ge­ber einen wei­ten Spiel­raum habe, wenn es dar­um gehe, Steu­er­ge­set­ze zu gestal­ten, ins­be­son­de­re wenn es dar­um gehe, Steu­er­ge­rech­tig­keit zu gewähr­leis­ten und Umge­hun­gen zu verhindern.

Das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg ent­schied zuguns­ten des Finanz­amts und wies die Kla­ge ab. In sei­ner Begrün­dung führ­te das Gericht aus, dass die Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung in § 15 Abs. 4 Sät­ze 6 bis 8 EStG ver­fas­sungs­mä­ßig ist. Das Gericht beton­te, dass der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz nicht ver­letzt wird, wenn der Gesetz­ge­ber sach­lich gerecht­fer­tig­te Dif­fe­ren­zie­run­gen vor­nimmt. Im vor­lie­gen­den Fall sei die Dif­fe­ren­zie­rung dadurch gerecht­fer­tigt, dass Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten durch ihre Struk­tur und ihre Mög­lich­keit zur Nut­zung von Ver­lus­ten in beson­de­rer Wei­se von der Rege­lung betrof­fen sei­en. Die Rege­lung die­ne dazu, Umge­hun­gen zu ver­hin­dern, die ansons­ten durch die Nut­zung von stil­len Betei­li­gun­gen mög­lich wären, um Ver­lus­te steu­er­min­dernd gel­tend zu machen.

Das Gericht wies auch dar­auf hin, dass der Gesetz­ge­ber bei der Typi­sie­rung von Steu­er­sach­ver­hal­ten einen wei­ten Spiel­raum hat, solan­ge die Rege­lung nicht offen­sicht­lich will­kür­lich ist. Da die Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten nicht zu einer end­gül­ti­gen Ver­sa­gung des Ver­lust­ab­zugs führt, son­dern ledig­lich zu einer zeit­li­chen Ver­schie­bung, sah das Gericht kei­nen Ver­stoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip.

Abschlie­ßend ist die Ange­le­gen­heit damit aber noch nicht geklärt, den aktu­ell ist noch die Revi­si­on vor dem Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen XI R 20/23 anhängig.

nach oben


UST-ID hier prüfen Kontakt