Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Zum Bewusstsein der (Teil-)Unentgeltlichkeit als Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 8 ErbStG

Das Finanz­ge­richt Müns­ter hat ent­schie­den, dass der Tat­be­stand der Werterhöhung von Antei­len an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten (§ 7 Abs. 8 ErbStG) ein sub­jek­ti­ves Merk­mal im Sin­ne eines Bewusst­seins der (Teil-)Unentgeltlichkeit erfordert.

Der Kläger war neben sei­nem Vater und sei­nem Bru­der Gesell­schaf­ter einer GmbH. Es war ursprüng­lich durch Erb­ver­trag ver­ein­bart wor­den, dass die ¶hne jeweils die hälftige Betei­li­gung des Vaters an der GmbH erhal­ten soll­ten. Am 15. Janu­ar 2013 annul­lier­te der Vater den Erb­ver­trag mit dem Bru­der des Klägers, der sich bereit erklärte, dass die ursprüng­lich ihm zuge­dach­ten Antei­le an der GmbH auf den Kläger über­tra­gen wer­den. Am sel­ben Tag ver­pflich­te­te sich der Bru­der des Klägers zur Veräußerung sei­ner Betei­li­gung an der GmbH mit Wir­kung zum 1. Novem­ber 2017 an die GmbH oder einen von die­ser zu benen­nen­den Drit­ten. Als Kauf­preis wur­de eine Zah­lung von 2.100.000 Euro unter Anrech­nung etwai­ger nach dem Zeit­punkt der Beur­kun­dung erfol­gen­den Gewinn­aus­schüt­tun­gen vereinbart.

Der Vater des Klägers ver­starb im Jahr 2013. Im Jahr 2017 üb­te der Kläger als Geschäftsführer der GmbH das Benen­nungs­recht dahin­ge­hend aus, dass die GmbH die Betei­li­gung des Bru­ders des Klägers selbst erwer­ben soll­te. Die nota­ri­el­le Umset­zung der Anteil­sü­ber­tra­gung erfolg­te im Jahr 2018.

Das Finanz­amt setz­te für die Anteil­sü­ber­tra­gung gegenü­ber dem Kläger Schen­kungsteu­er fest, wobei es als Stich­tag auf den 1. Novem­ber 2017 abstell­te. Da der Ertrags­wert des Anteils an der GmbH am benann­ten Stich­tag nach dem ver­ein­fach­ten Ertrags­wert­ver­fah­ren 9.688.883 € betra­gen habe, han­de­le es sich um eine gemisch­te Schen­kung. Hier­ge­gen wand­te der Kläger ein, dass er mit sei­nem Bru­der zer­strit­ten gewe­sen sei und zwi­schen zer­strit­te­nen Geschwis­tern kein Schen­kungs­wil­le vor­lie­ge. Ein sub­jek­ti­ver Berei­che­rungs­wil­le des Schen­kers sei aber notwendig.

Der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben und den Schen­kungsteu­er­be­scheid aufgehoben.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt auch die Werterhöhung von Antei­len an einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, die eine an der Gesell­schaft unmit­tel­bar oder mit­tel­bar betei­lig­te natür­li­che Per­son oder Stif­tung (Bedach­te) durch die Leis­tung einer ande­ren Per­son (Zuwen­den­der) an die Gesell­schaft erlangt, als Schen­kung. Dabei ent­steht die Steu­er mit dem Zeit­punkt der Aus­füh­rung der Zuwen­dung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Vor­lie­gend sei der Bescheid bereits des­halb rechts­wid­rig, da die Besteue­rung auf den Stich­tag 1. Novem­ber 2017 vor­ge­nom­men wor­den sei, während die zivil­recht­li­che Anteil­sü­ber­tra­gung erst im Jahr 2018 durch die Abtre­tung in nota­ri­el­ler Form erfolgt sei.

Dar­Ã¼­ber hin­aus sei auch der Tat­be­stand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht erfüllt. Die Geset­zes­aus­le­gung erge­be, dass ein sub­jek­ti­ves Merk­mal im Sin­ne eines Bewusst­seins der Unent­gelt­lich­keit der Leis­tung erfor­der­lich sei. Hier­für spre­che neben dem Wort­laut der Begrif­fe »Zuwendender« und »Bedachte« auch die Geset­zes­sys­te­ma­tik sowie der Sinn und Zweck der Norm. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fin­gie­re ausschließlich die unmit­tel­ba­re Leis­tung an den Bedach­ten, indem die Norm auch mit­tel­ba­re Begüns­ti­gun­gen als unmit­tel­ba­re Leis­tun­gen erfas­se. Damit tre­te jedoch kei­ne vollständige Fik­ti­on aller Tat­be­stands­merk­ma­le des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ein – auf Sei­ten des Zuwen­den­den müs­se noch immer eine »Leistung« in dem Bewusst­sein erbracht wer­den, den Wert des Geschäftsanteils des mit­tel­bar Begüns­tig­ten ohne Erhalt eines äquivalenten Aus­gleichs zu erhöhen. Ein exten­si­ve­res Verständnis der Fik­ti­on wür­de dazu füh­ren, dass der Tat­be­stand auf nahe­zu jede Trans­ak­ti­on, der objek­tiv ein zuguns­ten einer Kapi­tal­ge­sell­schaft wertmäßig unaus­ge­wo­ge­nes Geschäft zugrun­de lie­ge, aus­ge­wei­tet würde.

Folg­lich erfor­de­re § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG einen »Willen zur Unent­gelt­lich­kei­t«, also ein Han­deln des Zuwen­den­den in dem Bewusst­sein, zur Vermögenshingabe weder recht­lich ver­pflich­tet zu sein noch dafür eine gleich­wer­ti­ge Gegen­leis­tung zu erhal­ten. Da allein der Ver­trag vom 15. Janu­ar 2013 für die Wil­lens- und Bewusst­seins­bil­dung der betei­lig­ten Ver­trags­par­tei­en maßgeblich gewe­sen sei, sei für die Fra­ge des sub­jek­ti­ven Ele­ments auf die­sen Zeit­punkt abzu­stel­len. Nach dem Gesamt­ergeb­nis des Ver­fah­rens und unter Berück­sich­ti­gung der Beweis­auf­nah­me durch Ver­neh­mung des Bru­ders des Klägers war der Senat davon über­zeugt, dass die­ser ohne Bewusst­sein zur Teil­ent­gelt­lich­keit der Anteil­sü­ber­tra­gung han­del­te. So habe der Kläger nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, dass es zwi­schen den Brü­dern ab 2009 immer häufiger zu Dif­fe­ren­zen gekom­men und die Antei­le nicht aus familiären Beweg­grün­den unter­halb eines möglichen Veräußerungsgewinns über­tra­gen wor­den sei­en. Für eine Wert­fin­dung unter frem­den Drit­ten habe auch die Ein­be­zie­hung von Rechts- und Steu­er­be­ra­tern bei Abschluss der getrof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen gespro­chen. Ein sub­jek­ti­ves Ele­ment könne auch nicht allei­ne aus der Dif­fe­renz zwi­schen dem Kauf­preis und dem Wert nach dem ver­ein­fach­ten Ertrags­wert­ver­fah­ren abge­lei­tet werden.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen. Die­se ist ein­ge­legt wor­den. Ein end­gül­ti­ges Az. wur­de noch nicht vergeben.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.08.2024 zum Urteil 3 K 2585/21 vom 23.05.2024 (nrkr)

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