Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Berufsrecht der Steuerberater im Fokus des EUGH

Berufs­ge­heim­nis der Steu­er­be­ra­ter und Kapi­tal­bin­dung für die Kanz­lei­en sind Gegen­stand aktu­el­ler Ver­fah­ren des EUGH. Der Deut­sche Steu­er­be­ra­ter­ver­band (DStV) gibt dazu einen kur­zen Überblick.

Der EUGH (Gerichts­hof der Europäischen Uni­on) ist das Rechts­spre­chungs­or­gan der EU-Gesetz­ge­bung und für die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts zuständig. In drei Ver­fah­ren befasst sich der EUGH aktu­ell mit berufs­recht­li­chen Fra­gen, die unmit­tel­ba­ren Ein­fluss auf das Berufs­ge­heim­nis und die Kapi­tal­bin­dung für Steu­er­be­ra­ter und Kanz­lei­en haben.

A. Berufs­ge­heim­nis I

Am 29.07.2024 hat der EUGH im Urteil des Vor­ent­schei­dungs­ver­fah­rens in der Rechts­sa­che C‑623/22 u. a. zur Fra­ge Stel­lung genom­men, ob für Beru­fe, für die nach natio­na­lem Recht eine Ver­schwie­gen­heits­pflicht besteht, die aber kei­ne Rechtsanwälte sind, im sel­ben Umfang das Berufs­ge­heim­nis gilt, wie für Rechtsanwälte. Die Kläger, französische und bel­gi­sche Orga­ni­sa­tio­nen der Berufsträger, hat­ten zuvor gel­tend gemacht, dass die Ver­schwie­gen­heits­pflicht der Rechtsanwälte bei der Anzei­ge­pflicht gren­zü­ber­schrei­ten­der Steu­er­ge­stal­tun­gen (in Deutsch­land §§ 138d ff. AO) im glei­chen Maße etwa für Steu­er­be­ra­ter, Wirt­schafts­prü­fer oder Nota­re gel­ten müs­se, soweit die­se der natio­na­len Ver­schwie­gen­heits­pflicht unterliegen.

Mit dem Hin­weis auf die beson­de­re Stel­lung von Rechtsanwälten im Gerichts­ver­fah­ren lehnt der EUGH in sei­nem Urteil aller­dings eine Aus­deh­nung des anwalt­li­chen Berufs­ge­heim­nis­ses bei der Anzei­ge­pflicht gren­zü­ber­schrei­ten­der Steu­er­ge­stal­tun­gen ab.

DStV-Stand­punkt: Der EUGH ver­passt die Chan­ce, das Berufs­ge­heim­nis ein­fach und rechts­si­cher für alle Berufsgeheimnisträger zu regeln. Statt­des­sen ist er bemüht die Anzei­ge­pflich­ten gren­zü­ber­schrei­ten­der Steu­er­ge­stal­tun­gen zu stüt­zen. Dabei zemen­tiert er eine Zwei-Klas­sen-Gesell­schaft beim Berufsgeheimnis.

Die Eindämmung aggres­si­ver Steu­er­pla­nung ist sicher­lich ehren­wert. Aller­dings hat der DStV in sei­ner Stel­lung­nah­me deut­lich gemacht, dass die Anzei­ge­pflicht gren­zü­ber­schrei­ten­der Steu­er­ge­stal­tun­gen nicht zum Kampf gegen Steu­er­ver­mei­dung taugt. Sie ist viel­mehr wir­kungs­los und bürokratisch.

B. Berufs­ge­heim­nis II

Das Berufs­ge­heim­nis ist zugleich Gegen­stand der Rechts­sa­che C‑432/23. Dabei klagt die luxem­bur­gi­sche Kam­mer der Rechtsanwälte gegen ein Aus­kunfts­er­su­chen der Steuerverwaltung.

Im noch lau­fen­den Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen stellt die Generalanwältin in ihrem Schluss­an­trag u. a. fest, dass der beson­de­re Schutz des Anwalts­ge­heim­nis­ses im Zusam­men­hang mit der rechts­be­ra­ten­den ¤tigkeit im Rah­men eines kon­kre­ten Man­dats besteht. Die­se Grundsätze wür­den aller­dings »nicht nur für Rechtsanwälte, son­dern auch für Steu­er­be­ra­ter und ande­re Berufs­grup­pen gel­ten, soweit die­se nach dem jewei­li­gen natio­na­len Recht als unabhängige Orga­ne der Rechts­pfle­ge den Rechtsanwälten gleich­ge­stellt und somit zur Rechts­be­ra­tung und gericht­li­chen Ver­tre­tung von Man­dan­ten befugt sind.«

DStV-Stand­punkt: Wir begrüßen die Ansicht der Generalanwältin, die offen­sicht­lich Wesen und Stel­lung der Steu­er­be­ra­ter in Deutsch­land ver­stan­den hat. Es bleibt zu hof­fen, dass die­se Posi­ti­on sich auch im noch aus­ste­hen­den Urteil des EUGH wiederfindet.

C. Kapi­tal­bin­dung

In dem Rechts­streit C‑295/22 geht es um die Fra­ge, ob eine österreichische Gesell­schaft, die nicht zur Rechts­be­ra­tung zuge­las­sen ist, einen Teil (51 %) des Gesell­schafts­ka­pi­tals einer in Deutsch­land tätigen Rechts­an­walts­ge­sell­schaft erwer­ben darf. Die Rechts­an­walts­kam­mer Mün­chen hat­te die­sen Erwerb mit der Begrün­dung unter­sagt, er sei nicht mit den Vor­schrif­ten des anwalt­li­chen Berufs­rechts in Deutsch­land ver­ein­bar. Bei Rechts­an­walts­ge­sell­schaf­ten dürf­ten viel­mehr nur Angehörige bestimm­ter Beru­fe betei­ligt sein. Es geht also um die Kri­te­ri­en, nach denen die Betei­li­gung an einer Berufs­ausü­bungs­ge­sell­schaft fest­ge­legt werden.

In sei­nem Schluss­an­trag sprach der Gene­ral­an­walt den Rege­lun­gen der BRAO die erfor­der­li­che Kohärenz ab. Es wäre nicht mit den Bestim­mun­gen des frei­en Kapi­tal­ver­kehrs ver­ein­bar, dass bestimm­te Beru­fe sich an einer Anwalts­kanz­lei betei­li­gen dürf­ten, ande­re aber nicht, obwohl die­se objek­tiv eben­falls die erfor­der­li­chen Kri­te­ri­en erfül­len könnten.

DStV-Stand­punkt: Der freie Kapi­tal­ver­kehr und der Schutz der Unabhängigkeit von Steu­er­be­ra­tern müs­sen gut gegen­ein­an­der abge­wo­gen wer­den. Der Gene­ral­an­walt macht deut­lich, dass eine rei­ne Abgren­zung nach Berufs­grup­pen bei den Berufs­ausü­bungs­ge­sell­schaf­ten nicht dar­Ã¼­ber ent­schei­den kann, wer sich an einer Kanz­lei betei­li­gen darf. Folgt der EUGH der Ansicht des Gene­ral­an­walts, dann müs­sen die Kri­te­ri­en für die Betei­li­gung an den Berufs­ausü­bungs­ge­sell­schaf­ten unter Umständen neu defi­niert werden.

DStV, Mit­tei­lung vom 13.08.2024

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