Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Regelung zum Familienzuschlag im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg nicht mit allgemeinem Gleichheitssatz der Landesverfassung vereinbar

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof für das Land Baden-Würt­tem­berg hat mit Urteil vom 12. Juli 2024 auf die Vor­la­ge des Ver­wal­tungs­ge­richts Sig­ma­rin­gen § 41 Abs. 4 Satz 3 in Ver­bin­dung mit Satz 1 des Lan­des­be­sol­dungs­ge­set­zes Baden-Würt­tem­berg (LBesGBW) für unver­ein­bar mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz der Lan­des­ver­fas­sung erklärt.

Sach­ver­halt

Beam­te und Rich­ter, denen Kin­der­geld nach dem Ein­kom­men­steu­er­ge­setz oder nach dem Bun­des­kin­der­geld­ge­setz zusteht, erhal­ten einen kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlag für jedes Kind. Im Fall einer Teilzeitbeschäftigung wird der kin­der­be­zo­ge­ne Fami­li­en­zu­schlag im glei­chen Verhältnis wie die Arbeits­zeit gekürzt. Sind bei­de Eltern­tei­le im öffentlichen Dienst beschäftigt, ord­net § 41 Abs. 3 Satz 1 LBesGBBW an, dass nur der­je­ni­ge den Zuschlag erhält, dem auch das Kin­der­geld gezahlt wird. Zweck die­ser Kon­kur­renz­re­ge­lung ist es, eine Doppelgewährung des kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlags für das­sel­be Kind zu ver­hin­dern. Bei Teilzeitbeschäftigung des vor­ran­gi­gen Anspruchs­be­rech­tig­ten wird nach § 41 Abs. 3 Satz 3 LBesGBW der Zuschlag nur dann nicht ent­spre­chend der ver­kürz­ten Arbeits­zeit gekürzt, wenn der ande­re Eltern­teil vollbeschäftigt ist oder bei­de Eltern­tei­le zusam­men min­des­tens die regelmäßige Arbeits­zeit bei Vollzeitbeschäftigung erreichen.

Im Streit­fall des Ver­wal­tungs­ge­richts Sig­ma­rin­gen waren bei­de Eltern­tei­le teilzeitbeschäftigt, erreich­ten aber zusam­men nicht die regelmäßige Arbeits­zeit bei Vollzeitbeschäftigung. Der Ehe­mann war zu 51,85 % und die Klägerin zu 35,71 % teilzeitbeschäftigt. Die Klägerin erhielt das Kin­der­geld. Das Lan­des­amt für Besol­dung und Ver­sor­gung gewährte des­halb der Klägerin den kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlag, aber nur in ¶he ihres Arbeits­zeit­an­teils von 35,71 %; der Beschäftigungsumfang des Ehe­man­nes wur­de nicht berück­sich­tigt. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Sig­ma­rin­gen hat die Rege­lun­gen des § 41 Abs. 4 Satz 3 LBesGBW dem Ver­fas­sungs­ge­richts­hof zur Prü­fung vorgelegt.

Wesent­li­che Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof für das Land Baden-Würt­tem­berg hat die Vor­schrift des § 41 Abs. 4 Satz 3 in Ver­bin­dung mit Satz 1 LBesGBW wegen Verstoßes gegen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz für unver­ein­bar mit der Lan­des­ver­fas­sung erklärt.

Trotz eines addier­ten Beschäftigungsumfangs von ins­ge­samt 87,56 % erhal­ten die Klägerin und ihr Ehe­mann den kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlag nur antei­lig in ¶he von 35,71 %. Sie wer­den dadurch schlech­ter gestellt als allein anspruchs­be­rech­tig­te teilzeitbeschäftigte Beam­te, die eben­falls mit einer Arbeits­zeit von 87,56 % beschäftigt sind und den kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlag in ¶he die­ses Beschäftigungsanteils erhal­ten. Die Klägerin und ihr Ehe­mann wer­den außerdem schlech­ter gestellt als Eltern­paa­re, die zusam­men min­des­tens 100 % der regelmäßigen Arbeits­zeit errei­chen und den kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlag ent­spre­chend der Sum­me bei­der Beschäftigungsanteile erhal­ten, ledig­lich begrenzt auf maxi­mal 100 %.

Die­se Ungleich­be­hand­lung lässt sich nicht durch sach­li­che Grün­de recht­fer­ti­gen. Es sind zwar weder die all­ge­mei­ne zeit­an­tei­li­ge Kür­zung des Fami­li­en­zu­schlags bei Teilzeitbeschäftigung noch die Kon­kur­renz­re­ge­lung bei meh­re­ren Anspruchs­be­rech­ti­gen zur Ver­mei­dung einer Doppelgewährung für sich betrach­tet zu bean­stan­den. Durch die Kumu­la­ti­on bei­der Rege­lun­gen wer­den die Klägerin und ihr Ehe­mann aber über­pro­por­tio­nal benach­tei­ligt. Recht­fer­ti­gen­de Grün­de für die Nicht­berück­sich­ti­gung des Beschäftigungsumfangs des Ehe­man­nes bei der Gewährung des kin­der­be­zo­ge­nen Fami­li­en­zu­schlags an die Klägerin und ihren Ehe­mann sind nicht ersichtlich.

Das Gesetz verstößt des­halb gegen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz der Lan­des­ver­fas­sung. Der Ver­fas­sungs­ge­richt­hof hat dem Gesetz­ge­ber auf­ge­ge­ben, bis spätestens 31. Dezem­ber 2025 eine verfassungsgemäße Neu­re­ge­lung mit Wir­kung zum 1. Janu­ar 2024 zu treffen.

VerfGH Baden-Würt­tem­berg, Pres­se­mit­tei­lung vom 30.07.2024 zum Urteil 1 GR 24/22 vom 12.07.2024

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