Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Steuerbescheid: Nachweis der Bekanntgabe bei Rechtsnachfolge

Der 4. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass bei Bestrei­ten des Zugangs eines Steu­er­be­scheids an den Rechtsvorgänger durch den Rechts­nach­fol­ger kei­ne übermäßig hohen Anfor­de­run­gen an die dar­zu­le­gen­den Zwei­fel zu stel­len sind.

Die Klägerin ist eine Stif­tung und Gesamt­rechts­nach­fol­ge­rin der 1929 gebo­re­nen und im Febru­ar 2020 ver­stor­be­nen Steu­er­pflich­ti­gen. Das beklag­te Finanz­amt erließ gegenü­ber der Steu­er­pflich­ti­gen einen Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2016, der am 23. Okto­ber 2017 vom Rechen­zen­trum abge­sandt wur­de. Den sich hier­aus erge­ben­den Erstat­tungs­be­trag i. H. v. 178,62 Euro über­wies das Finanz­amt an die Steuerpflichtige.

Nach dem Tod der Steu­er­pflich­ti­gen fan­den Mit­ar­bei­ter der Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin im Haus­halt sämtliche Unter­la­gen einschließlich der Steu­er­un­ter­la­gen gut sor­tiert vor. Dar­un­ter befan­den sich auch die im Jahr 2019 bzw. Anfang 2020 erlas­se­nen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de für 2017 und 2018, nicht aber der Bescheid für 2016. Statt­des­sen wur­de eine Berech­nung des Steu­er­be­ra­ters vor­ge­fun­den, nach der für 2016 eine Erstat­tung von 281,67 Euro erwar­tet wurde.

Auf Nach­fra­ge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin über­mit­tel­te das Finanz­amt die­sem eine Abschrift des Bescheids. Im dar­auf­hin ein­ge­lei­te­ten Ein­spruchs­ver­fah­ren mach­te die Klägerin steu­er­min­dern­de Kos­ten i. H. v. 200.000 Euro gel­tend und trug vor, dass der Bescheid nicht bekannt gege­ben wor­den sei. Das Finanz­amt ver­warf den Ein­spruch als unzulässig, da auf­grund der gesetz­li­chen Zugangs­fik­ti­on von einer Bekannt­ga­be aus­zu­ge­hen sei.

Die hier­ge­gen erho­be­ne Kla­ge hat in vol­lem Umfang Erfolg gehabt. Der 4. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat fest­ge­stellt, dass der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2016 vom 23. Okto­ber 2017 nicht als bekannt gege­ben gelte.

Grundsätzlich oblie­ge der Behörde der vol­le Beweis für den Zugang eines schrift­li­chen Ver­wal­tungs­akts, wobei bestimm­te Ver­hal­tens­wei­sen des Steu­er­pflich­ti­gen inner­halb eines längeren Zeit­raums nach Absen­dung indi­zi­ell gewür­digt wer­den könnten. Wenn ein Rechts­nach­fol­ger gel­tend mache, ein Bescheid sei sei­nem Rechtsvorgänger nicht zuge­gan­gen, genü­ge ein Bestrei­ten mit Nicht­wis­sen nicht. Viel­mehr müss­ten jeden­falls im Ansatz begrün­de­te Zwei­fel am Zugang fest­stell­bar sein.

Die­se Zwei­fel lägen im Streit­fall vor, sodass die Zugangs­fik­ti­on erfolg­reich erschüt­tert wer­de. Zunächst fol­ge dies dar­aus, dass die tatsächliche Erstat­tung deut­lich nied­ri­ger aus­ge­fal­len sei als vom Steu­er­be­ra­ter errech­net. Im Fall einer Bekannt­ga­be wäre zu erwar­ten gewe­sen, dass die Steu­er­pflich­ti­ge Kon­takt zum Finanz­amt oder ihrem Steu­er­be­ra­ter auf­ge­nom­men hätte. Wei­ter begrün­de die von den Mit­ar­bei­tern der Spar­kas­se vor­ge­fun­de­ne Situa­ti­on im Haus­halt der Steu­er­pflich­ti­gen Zwei­fel an der Bekannt­ga­be. Im Fall der Bekannt­ga­be des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids für 2017 wäre zu erwar­ten gewe­sen, dass die­ser Bescheid – wie alle ande­ren Unter­la­gen auch – auf­be­wahrt wor­den wäre.

Aus der Überweisung des Erstat­tungs­be­trags ließ sich für den Senat kei­ne siche­re Überzeugung des Zugangs gewin­nen. Selbst wenn man anneh­me, dass die Steu­er­pflich­ti­ge die­se Überweisung wahr­ge­nom­men habe, sei denk­bar, dass sie von einer Bekannt­ga­be des Bescheids an den Steu­er­be­ra­ter aus­ge­gan­gen sei, der sich um den wei­te­ren Fort­gang geküm­mert hätte. Hier­bei sei auch das fort­ge­schrit­te­ne Alter der Steu­er­pflich­ti­gen zu berück­sich­ti­gen. Auch die spätere Bekannt­ga­be wei­te­rer Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de könne kei­ne Indi­zwir­kung für den strei­ti­gen Bescheid entfalten.

Die vom Senat zuge­las­se­ne Revi­si­on ist beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Az. VI R 16/24 anhängig.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 17.06.2024 zum Urteil 4 K 870/21 E vom 19.04.2024 (nrkr – BFH-Az.: VI R 16/24)

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