Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Erasmus +-Stipendium darf bei Einkommensteuer der Eltern nicht berücksichtigt werden

Der im Rah­men eines Eras­mus +-Sti­pen­di­ums an einen Stu­die­ren­den gezahl­te Betrag darf bei der Berech­nung der Ein­kom­men­steu­er des ihm unter­halts­pflich­ti­gen Eltern­teils nicht berück­sich­tigt wer­den. Das geht aus einer Ent­schei­dung des Europäischen Gerichts­hofs (EuGH) hervor.

Ein kroa­ti­scher Stu­die­ren­der erhielt im Rah­men des Pro­gramms Eras­mus + für sei­nen Stu­di­en­auf­ent­halt an einer Universität in Finn­land eine Unter­stüt­zung zur ¶rderung der Lernmobilität. Die kroa­ti­sche Steu­er­ver­wal­tung teil­te sei­ner Mut­ter mit, dass die ihr bis­lang stets gewährte Erhöhung des persönlichen Grund­frei­be­trags für ein unter­halts­be­rech­tig­tes Kind für das betref­fen­de Jahr gestri­chen wor­den sei. Die in den kroa­ti­schen Rechts­vor­schrif­ten vor­ge­se­he­nen Schwel­len­wer­te wur­den nämlich dadurch über­schrit­ten, dass ihr Kind eine Unter­stüt­zung für Mobilität im Rah­men des Pro­gramms Eras­mus + erhielt.

Das mit dem Rechts­streit befass­te kroa­ti­sche Ver­fas­sungs­ge­richt fragt sich, ob die in Rede ste­hen­den natio­na­len Steu­er­vor­schrif­ten mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar sind. Der Gerichts­hof ver­neint dies.

Er stellt zunächst fest, dass ein Mit­glied­staat, wenn er am Pro­gramm Eras­mus + teil­nimmt, dafür Sor­ge tra­gen muss, dass die Modalitäten für die Bewil­li­gung und die Besteue­rung von Finanz­hil­fen, die die Mobilität der Begüns­tig­ten die­ses Pro­gramms erleich­tern sol­len, das Recht, sich im Hoheits­ge­biet der Mit­glied­staa­ten frei zu bewe­gen und auf­zu­hal­ten, nicht in unge­recht­fer­tig­ter Wei­se beschränken.

Im vor­lie­gen­den Fall wur­de die Mobilitätsunterstützung als sol­che zum maßgeblichen Zeit­punkt in Kroa­ti­en nicht besteu­ert. Sie wur­de jedoch bei der Berech­nung der Ein­kom­men­steu­er der Mut­ter berück­sich­tigt, wodurch die­se benach­tei­ligt wurde.

Es stellt eine Beschränkung des Rechts auf Frei­zü­gig­keit und Auf­ent­halt dar, wenn die einem unter­halts­be­rech­tig­ten Kind gewährte Mobilitätsunterstützung bei der Berech­nung des Grund­frei­be­trags berück­sich­tigt wird, auf den ein steu­er­pflich­ti­ger Eltern­teil für die­ses Kind Anspruch hat, und wenn dies dazu führt, dass der Anspruch auf Erhöhung die­ses Frei­be­trags im Rah­men der Berech­nung der Ein­kom­men­steu­er ver­lo­ren geht.

Nach Auf­fas­sung des Gerichts­hofs kann sich unter sol­chen Umständen ins­be­son­de­re im Hin­blick dar­auf, dass wirt­schaft­li­che Ver­bin­dun­gen zwi­schen dem Kind und sei­nem Eltern­teil bestehen, nicht nur das unter­halts­be­rech­tig­te Kind, das von sei­ner Frei­zü­gig­keit Gebrauch gemacht hat, son­dern auch sein steu­er­pflich­ti­ger Eltern­teil, der durch die Aus­wir­kun­gen die­ser Beschränkung unmit­tel­bar benach­tei­ligt ist, auf die Wir­kun­gen die­ser Beschränkung berufen.

Schließlich weist der Gerichts­hof dar­auf hin, dass sich eine Beschränkung des Rechts auf Frei­zü­gig­keit und Auf­ent­halt uni­ons­recht­lich nur recht­fer­ti­gen lässt, wenn sie auf objek­ti­ven, von der Staatsangehörigkeit der Betrof­fe­nen unabhängigen Erwägungen des All­ge­mein­in­ter­es­ses beruht. Außerdem muss eine sol­che Beschränkung in ange­mes­se­nem Verhältnis zu dem mit dem natio­na­len Recht legi­ti­mer­wei­se ver­folg­ten Zweck ste­hen. Nament­lich muss sie geeig­net sein, die Ver­wirk­li­chung die­ses Zwecks zu gewährleisten. Was ins­be­son­de­re die Wah­rung des Grund­sat­zes der Verhältnismäßigkeit anbe­langt, stellt der Gerichts­hof fest, dass im Rah­men des Pro­gramms Eras­mus + gewährte Finanz­hil­fen einen Bei­trag zur Deckung der zusätzlichen Kos­ten leis­ten sol­len, die ohne die­se Mobilität nicht ent­stan­den wären. Des­we­gen min­dern die frag­li­chen Finanz­hil­fen weder die Aus­ga­ben der steu­er­pflich­ti­gen Eltern im Rah­men ihrer Unter­halts­pflicht gegenü­ber unter­halts­be­rech­tig­ten Kin­dern, noch erhöhen sie die steu­er­li­che Leistungsfähigkeit die­ser Eltern. Die steu­er­li­che Behand­lung die­ser Finanz­hil­fen kann zu höheren steu­er­li­chen Belas­tun­gen für die steu­er­pflich­ti­gen Eltern füh­ren, ohne dass die ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel erhöht wor­den wären, um die­sen Belas­tun­gen zu begeg­nen. Folg­lich ist der Gerichts­hof der Auf­fas­sung, dass die in Rede ste­hen­de natio­na­le Rege­lung sogar das Gegen­teil bewir­ken kann.

Hin­weis des EuGH: Mit einem Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen haben die Gerich­te der Mit­glied­staa­ten die ¶glichkeit, dem Gerichts­hof im Rah­men eines Rechts­streits, über den sie zu ent­schei­den haben, Fra­gen betref­fend die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts oder die Gül­tig­keit einer Hand­lung der Uni­on vor­zu­le­gen. Der Gerichts­hof ent­schei­det dabei nicht den beim natio­na­len Gericht anhängigen Rechts­streit. Die­ser ist unter Zugrun­de­le­gung der Ent­schei­dung des Gerichts­hofs vom natio­na­len Gericht zu ent­schei­den. Die Ent­schei­dung des Gerichts­hofs bin­det in glei­cher Wei­se ande­re natio­na­le Gerich­te, wenn die­se über ver­gleich­ba­re Fra­gen zu befin­den haben.

EuGH, Pres­se­mit­tei­lung vom 16.1.2025 zu Urteil in der Rechts­sa­che C‑277/23

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