Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Wann machen sich Steuerberater wegen Beihilfe strafbar?

Der BGH hat sich in einem Urteil zur zivil­recht­li­chen Haf­tung einer Steu­er­be­ra­te­rin wegen Bei­hil­fe zum Betrug aus­führ­lich zur Straf­bar­keit berufs­ty­pisch »neutraler« ¤tigkeiten sowie deren gericht­li­cher Fest­stel­lung geäußert: Es kom­me nicht dar­auf an, dass man »positive Kennt­nis« eines straf­ba­ren Schnee­ball­sys­tems nach­wei­sen müs­se. Viel­mehr rei­che es, wenn die Ange­klag­te die­ses erkannt und bil­li­gend in Kauf genom­men habe. Auch müs­se das Gericht nicht »zwingend« von ihrem beding­ten Vor­satz aus­ge­hen, es reich­ten gerin­ge­re Anfor­de­run­gen an die rich­ter­li­che Überzeugung. Auch dür­fe sich die Beweis­wür­di­gung nicht dar­auf beschränken, Indi­zi­en iso­liert zu betrach­ten – es kom­me viel­mehr auf eine Gesamt­schau aller Umstände an. Und schließlich dürf­ten kei­ne Zeu­gen­aus­sa­gen über­gan­gen wer­den (Urteil vom 07.11.2024, Az. III ZR 79/23).

Der zugrun­de­lie­gen­de Sach­ver­halt ist recht kom­plex. Ver­ein­facht gesagt betrie­ben zwei Geschäftsführer – einer von ihnen wur­de im Lauf der Geschäftstätigkeit der Ehe­mann der jetzt beklag­ten Steu­er­be­ra­te­rin – ein sog. Schnee­ball­sys­tem. Sie gaben vor, elek­tro­ni­sche Daten­spei­cher zu ver­mie­ten und dar­aus Ein­nah­men zu gene­rie­ren. Anle­ger konn­ten in ihr Geschäftsmodell inves­tie­ren. Tatsächlich aber exis­tier­ten die Daten­spei­cher genau­so wenig wie die Miet­ein­nah­men. Die Inves­ti­tio­nen waren die ein­zi­ge Ein­nah­me­quel­le. Als das Geschäft zuneh­mend schlech­ter lief, zeig­te sich einer der Geschäftsführer selbst an. Er wur­de zu einer Haft­stra­fe von über 8 Jah­ren ver­ur­teilt. Der ande­re Geschäftsführer, der Ehe­mann der Beklag­ten, und sie selbst wur­den zunächst als Mittäter ange­klagt. Nach­dem ihr Ehe­mann in der Unter­su­chungs­haft starb, leg­te die Beklag­te ein Geständnis ab und wur­de ledig­lich wegen Bei­hil­fe zum Betrug zu zwei Jah­ren auf Bewährung ver­ur­teilt. Ihr Ein­kom­men von fast 350.000 Euro wur­de eingezogen.

Nun­mehr ver­kla­gen die Anle­ger die Steu­er­be­ra­te­rin auf Rück­zah­lung geleis­te­ter Sum­men i. H. v. ca. 50.000 Euro wegen Beil­hil­fe zum Betrug (§§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 27 StGB) und vorsätzlicher sit­ten­wid­ri­ger Schädigung (§ 826 BGB). Im Zivil­pro­zess aber trug die Beklag­te vor, sie habe das Geständnis im Straf­pro­zess nur abge­legt, um einer Haft­stra­fe zu ent­ge­hen. Es sei aber eine Lü­ge gewe­sen, sie habe von nichts gewusst. Die Vor­in­stan­zen – die nicht an die straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lung gebun­den sind – glaub­ten ihr und wie­sen die Kla­gen ab. Die Revi­si­on zum BGH hat­te nun aber Erfolg. Eine ande­re Straf­kam­mer muss sich nun erneut nach den Vor­ga­ben des BGH mit dem Sach­ver­halt auseinandersetzen.

Ande­re Kam­mer der Vor­in­stanz muss nun eini­ges beachten

Der BGH rüg­te gleich meh­re­re Rechts­feh­ler der Vor­in­stanz und nutz­te die Gele­gen­heit, die Vor­aus­set­zun­gen der Straf­bar­keit der Bei­hil­fe bei berufs­ty­pi­schen Hand­lun­gen aus­zu­füh­ren. Zudem gab der BGH der Vor­in­stanz eini­ge pro­zes­sua­le Anfor­de­run­gen mit auf den Weg:

Zunächst habe das Beru­fungs­ge­richt den Prüfungsmaßstab unzulässig ver­kürzt, indem es allein auf die posi­ti­ve Kennt­nis des Schnee­ball­sys­tems abge­stellt habe. Gehil­fen­vor­satz lie­ge schließlich auch vor, wenn der Gehil­fe zwar nicht alle Ein­zel­hei­ten, aber den­noch die zen­tra­len Merk­ma­le der Haupt­tat sowie deren ¶rderung durch sein Ver­hal­ten ken­ne oder zumin­dest im Sin­ne beding­ten Vor­sat­zes für möglich hal­te und in Kauf neh­me. Bei berufs­ty­pisch »neutralen« Hand­lun­gen kom­me eine Straf­bar­keit daher nicht nur bei posi­ti­ver Kennt­nis der Haupt­tat in Betracht. Es rei­che, dass das von der Steu­er­be­ra­te­rin erkann­te Risi­ko straf­ba­ren Ver­hal­tens des Haupttäters der­art hoch war, dass er sich mit ihrer Hil­fe­leis­tung einen »erkennbar tat­ge­neig­ten ¤ter« fördern woll­te. Dies habe das Beru­fungs­ge­richt jedoch nicht aus­rei­chend geprüft – wie auch die Kri­tik des BGH an wei­te­ren Prü­fun­gen des OLG zeigte.

Dar­Ã¼­ber hin­aus habe das OLG über­spann­te Anfor­de­run­gen an die rich­ter­li­che Überzeugungsbildung (§ 286 ZPO) gestellt. Es habe bei der Wür­di­gung der ein­zel­nen Belas­tungs­in­di­zi­en rechts­feh­ler­haft ver­langt, dass sich dar­aus »zwingende« Schlüs­se erge­ben müss­ten. Es rei­che hin­ge­gen bereits ein nach der Lebens­er­fah­rung aus­rei­chen­des Maß an Sicher­heit, das ver­nünf­ti­ge Zwei­fel nicht auf­kom­men las­se. Dies gel­te in beson­de­rem Maß bei der Wür­di­gung von Indizien.

Auch die iso­lier­te Wür­di­gung der ein­zel­nen Beweis­in­di­zi­en ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die ¤terschaft der Beklag­ten spre­chen­den Umstände sei rechts­feh­ler­haft. Die­se Vor­ge­hens­wei­se las­se die erfor­der­li­che Gesamt­schau der Beweis­ergeb­nis­se ver­mis­sen. Vor­lie­gend sei nicht nur möglich, son­dern sogar nahe­lie­gend, dass das Beru­fungs­ge­richt auch den sub­jek­ti­ven Tat­be­stand der Bei­hil­fe bejaht hätte, wenn es die Indi­zi­en in die­ser Gesamt­schau umfas­send gewür­digt hätte. Nicht nur habe die Frau ein glaub­wür­di­ges Geständnis abge­legt. Auch zahl­rei­che ande­re Indi­zi­en spra­chen dafür, dass sich der Ver­dacht für die Steu­er­be­ra­te­rin aufgedrängt haben muss­te. Auch einer als Buch­hal­te­rin beschäftigten Zeu­gin waren dies­be­zü­g­lich sehr vie­le Unge­reimt­hei­ten aufgefallen.

Bezü­g­lich besag­ter Zeu­gin habe das Beru­fungs­ge­richt zudem den Anspruch der Kläger auf recht­li­ches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ver­letzt. Denn das Gericht hat­te sich damit begnügt, die von den Klägern ange­führ­te Aus­sa­ge der Zeu­gin ohne nähere Wür­di­gung pau­schal als uner­heb­lich anzusehen.

BRAK, Mit­tei­lung vom 03.12.2024 zum Urteil III ZR 79/23 des BGH vom 07.11.2024

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