Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Kapitalertragsteuer ist keine Nachlassverbindlichkeit

Das Urteil des FG Müns­ter vom 2.11.2023 (Az. 3 K 2755/22 Erb) befasst sich mit einer kom­ple­xen steu­er­recht­li­chen Fra­ge­stel­lung im Bereich der Erb­schaft­steu­er. Kon­kret geht es dar­um, ob Kapi­tal­ertrag­steu­er, die auf eine Gewinn­aus­schüt­tung anfällt, als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzieh­bar ist.

Im vor­lie­gen­den Fall erb­te der Kläger nach dem Tod sei­nes Vaters Antei­le an einer GmbH. Noch zu Leb­zei­ten des Vaters beschloss die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung der GmbH eine Aus­schüt­tung, die jedoch erst nach des­sen Tod erfolg­te. Bei der Aus­zah­lung wur­de die Kapi­tal­ertrag­steu­er nebst Solidaritätszuschlag ein­be­hal­ten. In der Erbschaftsteuererklärung mach­te der Kläger gel­tend, dass die­se ein­be­hal­te­nen Steu­ern als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten zu berück­sich­ti­gen sei­en. Das Finanz­amt folg­te die­ser Auf­fas­sung jedoch nicht und setz­te den Nenn­wert der Aus­schüt­tung ohne Abzug der Kapi­tal­ertrag­steu­er fest.

Dage­gen rich­te­te der Steu­er­pflich­ti­ge sei­ne Kla­ge. Er argu­men­tier­te, dass die Kapi­tal­ertrag­steu­er den Wert der Aus­schüt­tungs­for­de­rung min­de­re und somit die tatsächliche Berei­che­rung redu­ziert wird. Er ver­wies dar­auf, dass die Steu­er­schuld zwar erst nach dem Tod des Vaters for­mal ent­stan­den sei, ihre Ent­ste­hung jedoch bereits sicher und kon­kret abseh­bar gewe­sen sei. Dem­nach sei die Kapi­tal­ertrag­steu­er als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzugsfähig, da sie in direk­tem Zusam­men­hang mit dem Erwerb des Vermächtnisses steht.

Das Finanz­amt hin­ge­gen ver­trat die Ansicht, dass die Kapi­tal­ertrag­steu­er kei­ne Nach­lass­ver­bind­lich­keit dar­stellt. Es führ­te an, dass die Steu­er nicht auf den Erb­las­ser, son­dern auf den Erben ent­fal­le, da der steu­er­lich rele­van­te Zufluss der Aus­schüt­tung erst nach dem Tod des Erb­las­sers erfolgt sei. Nach der einschlägigen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs mit Urteil vom 17.2.2010 unter dem Akten­zei­chen II R 23/09 min­dert die Kapi­tal­ertrag­steu­er nicht den Wert der For­de­rung, da es sich ledig­lich um eine Form der Ein­kom­men­steu­er­vor­aus­zah­lung han­de­le, die erst beim Erben anfällt.

Das Finanz­ge­richt Müns­ter schloss sich daher der Auf­fas­sung des Finanz­amts an und wies die Kla­ge ab. Das Gericht stell­te klar, dass die Erb­schaft­steu­er die Berei­che­rung des Erben besteue­re, die sich nach dem Wert des gesam­ten Vermögensanfalls abzü­g­lich der abzugsfähigen Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten bestim­me. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) könnten Steu­er­schul­den nur dann als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten abge­zo­gen wer­den, wenn sie aus Ver­bind­lich­kei­ten des Erb­las­sers resul­tier­ten, die die­ser zu Leb­zei­ten in eige­ner Per­son begrün­det habe.

Im vor­lie­gen­den Fall sei der steu­er­lich rele­van­te Tat­be­stand, nämlich der Zufluss der Aus­schüt­tung, jedoch erst nach dem Tod des Erb­las­sers ver­wirk­licht wor­den. Die Kapi­tal­ertrag­steu­er ist daher eine Steu­er­schuld des Erben und nicht des Erb­las­sers, wes­halb sie nicht als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzugsfähig sein kann. Das Gericht führ­te wei­ter aus, dass die Dop­pel­be­steue­rung durch Erb­schaft- und Ein­kom­men­steu­er ver­fas­sungs­recht­lich unbe­denk­lich ist, da es sich um unter­schied­li­che steu­er­li­che Tatbestände han­de­le. Die­se Einschätzung ent­spricht auch der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts im Nicht­an­nah­me­be­schluss vom 7.4.2015 unter dem Akten­zei­chen 1 BvR 1432/10.

In der Fol­ge wur­de die Kla­ge des Erben abge­wie­sen, und die Erb­schaft­steu­er wur­de auf der Grund­la­ge des vol­len Nenn­werts der Aus­schüt­tung ohne Abzug der ein­be­hal­te­nen Kapi­tal­ertrag­steu­er fest­ge­setzt. Auch wenn man in der ers­ten Reak­ti­on das Gefühl hat, dass nun Erb­schaft­steu­er erho­ben wird, obwohl der Steu­er­pflich­ti­ge inso­weit nicht berei­chert ist, stellt sich die­ses Gefühl als falsch her­aus. Im End­ef­fekt wird man der Argu­men­ta­ti­on von Finanz­amt und Finanz­ge­richt zustim­men müssen.

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