Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Unionsrechtswidrigkeit der Besteuerung ausländischer Investmentfonds nach dem InvStG 2004

Ein ausländischer Invest­ment­fonds, der unter der Gel­tung des Invest­ment­steu­er­ge­set­zes 2004 (InvStG 2004) mit Kapi­tal­ertrag­steu­er belas­te­te Divi­den­den inländischer Akti­en­ge­sell­schaf­ten bezog, hat nach dem Uni­ons­recht im Grund­satz einen Anspruch auf Erstat­tung die­ser Steu­er. Dies hat der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) entschieden.

Die Ent­schei­dung ist von beträchtlicher finan­zi­el­ler Trag­wei­te, da zahl­rei­che ausländische Fonds ver­gleich­ba­re Erstattungsanträge gestellt haben, die sich nach Schätzungen des Bun­des­rech­nungs­hofs auf eine Gesamt­sum­me im Mil­li­ar­den­be­reich belaufen.

Im Streit­fall hat­te ein französischer Invest­ment­fonds in meh­re­ren Jah­ren Divi­den­den inländischer Akti­en­ge­sell­schaf­ten bezo­gen. Auf die­se Ein­künf­te war jeweils Kapi­tal­ertrag­steu­er ein­be­hal­ten und an die deut­schen Finanzbehörden abge­führt wor­den. Der Fonds bean­trag­te später die Erstat­tung die­ser Steu­ern. Zur Begrün­dung führ­te er an, dass ein inländischer Fonds steu­er­be­freit sei und kei­ne Kapi­tal­ertrag­steu­er anfal­le. Die im deut­schen Invest­ment­steu­er­recht ange­leg­te Ungleich­be­hand­lung zwi­schen einem in- und einem ausländischen Fonds sei nicht zu recht­fer­ti­gen. Das zunächst ange­ru­fe­ne Finanz­ge­richt folg­te die­ser Argu­men­ta­ti­on nicht und wies die Kla­ge ab.

Der BFH sah die Sache anders. Auf der Grund­la­ge der Recht­spre­chung des Gerichts­hofs der Europäischen Uni­on (EuGH) müs­sen auch einem ausländischen Fonds die in § 11 InvStG 2004 gere­gel­ten Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen zuge­stan­den wer­den. Da inländische Fonds im Ergeb­nis kei­ne Steu­er auf die von ihnen erziel­ten Divi­den­den zu zah­len haben, dür­fen ausländische Fonds nicht schlech­ter behan­delt wer­den. Ansons­ten ist die im Uni­ons­recht ver­bürg­te Frei­heit des Kapi­tal­ver­kehrs ver­letzt. Dass nach den deut­schen Geset­zes­re­ge­lun­gen die Besteue­rung bei den Anle­gern des steu­er­be­frei­ten inländischen Fonds »nachgeholt« wird, während die­se Fol­ge am Sitz des kla­gen­den Fonds nicht sicher­ge­stellt war, ist im Ergeb­nis unbe­acht­lich. Die bei der Aus­schüt­tung an den ausländischen Fonds ange­fal­le­ne Kapi­tal­ertrag­steu­er muss daher an die­sen zurü­cker­stat­tet wer­den. Auch dies ist Fol­ge der Recht­spre­chung des EuGH. Außerdem ist der Erstat­tungs­an­spruch im Grund­satz mit 6 % p.a. zu verzinsen.

Der Gesetz­ge­ber hat mit Wir­kung zum 01.01.2018 das InvStG refor­miert. Seit­dem wer­den sowohl inländische als auch ausländische Fonds ein­heit­lich mit Ertrag­steu­er belastet.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 22.8.2024 zu Urteil vom 13.3.2024, I R 1/20

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