Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Grundsteuer B nach dem Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig

Das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg hat ent­schie­den, dass das Lan­des­grund­steu­er­ge­setz vom 04.11.2020 verfassungsgemäß ist. Die Revi­si­on gegen die Urtei­le an den Bun­des­fi­nanz­hof wur­de zugelassen.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat­te im Jahr 2018 die Vor­schrif­ten zur Ein­heits­be­wer­tung, die bis­her Grund­la­ge für die Bemes­sung der Grund­steu­er waren, für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt, weil die Ein­heits­wer­te der Grund­s­tü­cke bezo­gen auf ihren Ver­kehrs­wert in ihrer Rela­ti­on nicht realitäts- und gleich­heits­ge­recht bemes­sen waren, son­dern zu Wert­ver­zer­run­gen geführt hat­ten. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gab dem Gesetz­ge­ber auf, eine verfassungsgemäße Neu­re­ge­lung zu tref­fen. Der Lan­des­ge­setz­ge­ber hat in der Fol­ge durch das Gesetz zur Rege­lung einer Lan­des­grund­steu­er (Lan­des­grund­steu­er­ge­setz) vom 4. Novem­ber 2020 von sei­ner ¶glichkeit, ein vom Grund­steu­er­ge­setz des Bun­des abwei­chen­des Lan­des­ge­setz zu erlas­sen, Gebrauch gemacht.

Das Lan­des­grund­steu­er­ge­setz unter­wirft unter ande­rem das Grundvermögen der Grund­steu­er (sog. Grund­steu­er B). Der Grund­steu­er­wert der Grund­s­tü­cke ermit­telt sich durch Mul­ti­pli­ka­ti­on der Fläche des Grund und Bodens mit dem jewei­li­gen von den Gut­ach­ter­aus­schüs­sen der Kom­mu­ne fest­ge­setz­ten Boden­richt­wert. Durch Mul­ti­pli­ka­ti­on des Grund­steu­er­werts mit der sog. Steu­er­mess­zahl (bei üb­li­chen Wohn­grund­s­tü­cken 0,91 Pro­mil­le) wird der Grund­steu­er­mess­be­trag ermit­telt, auf den sodann der von der jewei­li­gen Gemein­de fest­ge­leg­te Hebe­satz zur Berech­nung der Grund­steu­er ange­wandt wird. Gegen das Lan­des­grund­steu­er­ge­setz, vor allem gegen die Bemes­sung des Grund­steu­er­werts, wur­den von den Klägern in den bei­den heu­te ent­schie­de­nen Mus­ter­ver­fah­ren zahl­rei­che ver­fas­sungs­recht­li­che Einwände vor­ge­tra­gen. Die­se hat das Finanz­ge­richt alle­samt zurückgewiesen.

Nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­richts ist es mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Grund­ge­set­zes ver­ein­bar, dass der Lan­des­ge­setz­ge­ber ent­ge­gen der bis­he­ri­gen Ein­heits­be­wer­tung und auch abwei­chend von den Neu­re­ge­lun­gen sowohl im Bund als auch in ande­ren Bundesländern die Grund­steu­er ausschließlich auf den Grund und Boden ohne Berück­sich­ti­gung der auf­ste­hen­den Gebäude erhebt. Der Gesetz­ge­ber habe nach der gefes­tig­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts bei der Aus­wahl des Steu­er­ge­gen­stands einen wei­ten Spiel­raum. Es sei des­halb zulässig, dass der Lan­des­ge­setz­ge­ber nur den Grund und Boden eines Grund­s­tücks mit Grund­steu­er belas­te und die Gebäude außer Acht lasse.

Das maßgebliche und ver­fas­sungs­recht­lich zulässige Bemes­sungs­ziel beim Grund­steu­er­wert sei der Ver­kehrs­wert des Grund und Bodens. Im Ver­kehrs­wert bil­de sich sowohl das durch die kom­mu­na­le Infra­struk­tur beein­fluss­te Nut­zen­po­ten­ti­al des Grund und Bodens als auch die objek­ti­ve Leistungsfähigkeit des Eigen­tü­mers ab, denn es gel­te: Je höher der mit dem Grund und Boden erziel­ba­re Ertrag, des­to höher der Ver­kehrs­wert und des­to höher zugleich die objek­ti­ve Leistungsfähigkeit des Eigentümers.

Die Her­an­zie­hung der Boden­richt­wer­te zur Ermitt­lung der Bemes­sungs­grund­la­ge sei fol­ge­rich­tig, weil der von den Gut­ach­ter­aus­schüs­sen mit Hil­fe der Kauf­preis­samm­lung abge­lei­te­te Boden­richt­wert auf die Ermitt­lung des Ver­kehrs­werts abzie­le und daher geeig­net sei, die Grund­s­tü­cke – wie vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gefor­dert – im Verhältnis zuein­an­der realitätsgerecht zu bewer­ten. Dass dadurch bis­lang in Form der Ein­heits­be­wer­tung stark unter­be­wer­te­te Grund­s­tü­cke einer höheren Grund­steu­er unter­wor­fen wür­den, sei Fol­ge der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts und ver­fas­sungs­recht­lich hinzunehmen.

Der Ansatz des Boden­richt­werts einer Zone für alle Grund­s­tü­cke die­ser Zone, ohne Berück­sich­ti­gung der Beson­der­hei­ten des Ein­zel­falls, sei ver­fas­sungs­recht­lich zulässig, weil ers­tens jede Ver­kehrs­wert­ermitt­lung eine mit Unge­nau­ig­kei­ten ver­bun­de­ne Schätzung sei und zwei­tens ange­sichts der großen Zahl zu bewer­ten­der Grund­s­tü­cke – wie die alte Ein­heits­be­wer­tung gezeigt habe – andern­falls die Gefahr eines unü­ber­wind­li­chen Ver­wal­tungs­auf­wands der erfor­der­li­chen peri­odi­schen Aktua­li­sie­rung der Wer­te ent­ge­gen­ste­hen wür­de. Der mit die­ser pau­scha­len Rege­lung ange­streb­te Wert­kor­ri­dor von plus/minus 30 % bezo­gen auf den Ver­kehrs­wert sei des­halb ver­fas­sungs­recht­lich hin­nehm­bar und könne durch die sog. Öffnungsklausel, wonach die Eigen­tü­mer im Ein­zel­fall durch Sachverständigengutachten einen abwei­chen­den Ver­kehrs­wert nach­wei­sen könnten, auch in Ausnahmefällen ein­ge­hal­ten werden.

Die Ermitt­lung der Boden­richt­wer­te erfor­de­re beson­de­re fach­li­che Kennt­nis­se und Ortsnähe. Es sei des­halb mit dem Anspruch auf effek­ti­ven Rechts­schutz zu ver­ein­ba­ren, dass den Gut­ach­ter­aus­schüs­sen bei der Fest­stel­lung der Boden­richt­wer­te ein Beur­tei­lungs­spiel­raum zuer­kannt wer­de und die Überprüfung durch die Finanz­ge­rich­te sich auf etwai­ge Unzulänglichkeiten bei der Sach­ver­halts­fest­stel­lung, metho­di­sche Feh­ler und die Ein­hal­tung der hier­zu ergan­ge­nen gesetz­li­chen Vor­schrif­ten beschränke.

Das öffentliche Inter­es­se an der vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ange­ord­ne­ten Reform der Grund­steu­er über­wie­ge das Inter­es­se der Grund­s­tücks­ei­gen­tü­mer an der Vor­her­seh­bar­keit der Grund­steu­er­last für den Übergangszeitraum von der erst­ma­li­gen Fest­stel­lung der neu­en Grund­steu­er­wer­te durch die Finanzämter bis zur erst­ma­li­gen Fest­set­zung der Grund­steu­er durch die Kom­mu­nen nach dem neu­en Gesetz. Es sei des­halb hin­zu­neh­men, dass die kon­kre­te ¶he der Grund­steu­er der­zeit noch nicht bezif­fert wer­den kann, weil die Kom­mu­nen die ab 1. Janu­ar 2025 gel­ten­den Hebesätze noch nicht bestimmt haben.

FG Baden-Würt­tem­berg, Pres­se­mit­tei­lung vom 11.06.2024 zu den Urtei­len 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23 vom 11.06.2024

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