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Cum/Ex-Verfahren: Korrektur von angerechneter Kapitalertragsteuer

Die Kapi­tal­ertrag­steu­er bei sog. Cum/Ex-Geschäften ist nur dann anrechnungsfähig, wenn sie tatsächlich ein­be­hal­ten wur­de. Dabei kommt dem­je­ni­gen, der die Anrech­nung für sich in Anspruch neh­men möchte, eine ent­spre­chen­de Mit­wir­kungs- und Nach­weis­pflicht zu. Kann die tatsächliche Ein­be­hal­tung nicht oder nicht mehr nach­ge­wie­sen wer­den, ist das Finanz­amt grundsätzlich berech­tigt, eine bereits ergan­ge­ne Anrech­nungs­ver­fü­gung zu ändern und zu viel erstat­te­te Steuerbeträge zurückzufordern.

Dies hat der 4. Senat des Hes­si­schen Finanz­ge­richts im Rah­men eines Ver­fah­rens des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes mit Beschluss vom 26. Juli 2023 ent­schie­den (Az. 4 V 1042/22).

Die Antrag­stel­le­rin ist eine Gesell­schaft, die im Streit­jahr 2011 an den ¶rsen XETRA und EUREX auf eige­ne Rech­nung Geschäfte um den Divi­den­den­stich­tag her­um tätigte. Im Rah­men der ¶rperschaftsteuererklärung für 2011 mach­te sie aus die­sen getätigten ¶rsengeschäften unter Vor­la­ge von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen die Anrech­nung von Kapi­tal­ertrag­steu­er gel­tend. Das Finanz­amt ließ den Abzug zunächst wie erklärt zu, stell­te im Rah­men einer Außenprüfung später aber fest, dass ein Großteil der Trans­ak­tio­nen sog. Leerverkäufe waren, bei denen der Ein­be­halt der Kapi­tal­ertrag­steu­er zwei­fel­haft ist. Infol­ge­des­sen änderte das Finanz­amt die Anrech­nungs­ver­fü­gung zu Las­ten der Antrag­stel­le­rin ab.

Der 4. Senat des Hes­si­schen Finanz­ge­richts hat den im Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes gestell­ten Antrag, soweit es um die Fra­ge der Kor­rek­tur der Kapi­tal­ertrag­steu­er­an­rech­nung ging, abge­lehnt. Es lie­ge eine typi­sche »Cum/Ex-Konstellation« vor, bei der es den Betei­lig­ten ausschließlich dar­um gehe, tatsächlich nicht ein­be­hal­te­ne Kapi­tal­ertrag­steu­er auf die persönliche Steu­er anrech­nen zu können oder eine Erstat­tung zu erhal­ten. Nach der Rechts­la­ge für das Jahr 2011 set­ze dies jedoch vor­aus, dass ein den Ver­kaufs­auf­trag aus­füh­ren­des inländisches Kre­dit- oder Finanz­dienst­leis­tungs­in­sti­tut die Kapi­tal­ertrag­steu­er auf die hier betrof­fe­nen Divi­den­den­kom­pen­sa­ti­ons­zah­lun­gen tatsächlich ein­be­hal­ten und abge­führt habe. Die Nach­weis­pflicht dafür tref­fe die Antrag­stel­le­rin, wobei der bloßen Kapi­tal­ertrag­steu­er­be­schei­ni­gung in die­sen Kon­stel­la­tio­nen kein Beweis­wert für die Fra­ge der tatsächlichen Ein­be­hal­tung und Abfüh­rung der Kapi­tal­ertrag­steu­er zukom­me. Dies gel­te ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund, dass auf­grund der Anonymität der ¶rsengeschäfte kei­ner­lei Überprüfungsmöglichkeiten bes­tün­den, wer wann wel­che Akti­en beses­sen habe und ob über­haupt Kapi­tal­ertrag­steu­er ein­be­hal­ten wor­den sei. Die Antrag­stel­le­rin sei inso­weit auch nicht schutz­wür­dig, da sie sich in Kennt­nis ihrer Nach­weis­pflich­ten in die Anonymität des ¶rsengeschäfts bege­ben habe, zumal es ihr ange­sichts der von ihr getätigten markt­ri­si­ko­lo­sen Geschäfte ausschließlich dar­um gegan­gen sei, einen steu­er­li­chen Vor­teil aus der Anrech­nung der Kapi­tal­ertrag­steu­er zu bekom­men. Nur unter Ein­be­zie­hung die­ser Anrech­nung sei das Geschäftsmodell wirt­schaft­lich sinn­voll. Die Änderung der Anrech­nungs­ver­fü­gung sei bin­nen einer Jah­res­frist zulässig.

Das Hes­si­sche Finanz­ge­richt hat die Beschwer­de zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen, über die noch nicht ent­schie­den ist (Az. VIII B 121/23).

Hin­ter­grund­in­for­ma­ti­on

Cum-Ex-Geschäfte sind eine bestimm­te Form von Aktiengeschäften um den Divi­den­den­stich­tag einer Akti­en­ge­sell­schaft her­um. In der Regel schüt­ten die Akti­en­ge­sell­schaf­ten ein­mal im Jahr eine Divi­den­de an die vor­han­de­nen Aktionäre aus. Dadurch wer­den die­se am Gewinn betei­ligt und erhal­ten die »Verzinsung« für das ange­leg­te Kapi­tal. Jeder Anle­ger, der an dem Divi­den­den­aus­schüt­tungs­tag eine Aktie von dem Unter­neh­men besitzt, bekommt die Divi­den­de aus­ge­zahlt, wobei Kapi­tal­ertrags­steu­er ein­be­hal­ten und an das Finanz­amt abge­führt wird.

Dar­Ã¼­ber stellt die jewei­li­ge Depot­bank eine Beschei­ni­gung aus, die später als Nach­weis zur Anrech­nung auf die persönliche Steu­er dient. Bei den Cum-Ex-Geschäften wer­den Lü­cken in die­sem Sys­tem genutzt. Akti­en wer­den dabei mit Divi­den­den­an­spruch (Cum) und ohne Anspruch (Ex) unter ver­schie­de­nen Betei­lig­ten bin­nen weni­ger Tage hin- und her­ge­scho­ben, sodass unklar ist, wel­che Per­son am Stich­tag über­haupt im Besitz der Akti­en ist und auf wel­che Trans­ak­tio­nen Kapi­tal­ertrag­steu­er ein­be­hal­ten wur­de. Da im Regel­fall auch kei­ne Kurs­ge­win­ne erzielt wer­den können, liegt der wirt­schaft­li­che Vor­teil allein in der Anrech­nung oder Erstat­tung der (tatsächlich nicht ein­be­hal­te­nen) Kapitalertragsteuer.

FG Hes­sen, Pres­se­mit­tei­lung vom 03.06.2024 zum Beschluss 4 V 1042/22 vom 26.07.2023 (nrkr – BFH-Az.: VIII B 121/23)

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